Trotz Umsatzsteigerung: Dramatischer Rückgang bei deutschen Bäckereien
Während der Umsatz im Bäckerhandwerk steigt, schließt jede vierte Bäckerei ihre Türen – eine Entwicklung, die Fragen aufwirft.
Die deutsche Brotkultur, die seit 2014 zum immateriellen UNESCO-Kulturerbe zählt, sieht sich mit einer paradoxen Situation konfrontiert: Trotz eines Umsatzwachstums auf 17,55 Milliarden Euro im Jahr 2023 und einem Anstieg des durchschnittlichen Umsatzes pro Betrieb um 12 Prozent, hat die Anzahl der Bäckereien dramatisch abgenommen. Zum Tag des Brotes wurden durch den Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks e. V. alarmierende Zahlen präsentiert, die einen Rückgang der Bäckereibetriebe um mehr als ein Viertel seit 2013 offenlegen. Von 13.171 Betrieben sind nur noch 9.242 übrig geblieben, und auch die Zahl der Beschäftigten sank von 283.800 auf 235.000.
Ein besonders besorgniserregender Aspekt ist der Einbruch bei den Auszubildenden. Die Branche, die einst 23.067 Lehrlinge zählte, hat nun weniger als die Hälfte davon. Dieser Rückgang auf nur noch knapp 9.977 Auszubildende Ende 2023 könnte langfristige Folgen für das deutsche Bäckerhandwerk haben. Trotzdem zeigt sich der Verband optimistisch, da die Anzahl der abgeschlossenen Meisterprüfungen gestiegen ist – ein hoffnungsvoller Indikator für die Zukunft des Handwerks.
Qualität und Tradition als Hoffnungsschimmer
Der Präsident des Zentralverbandes, Roland Ermer, betont die Attraktivität des Bäckerhandwerks, das gerade in Krisenzeiten sichere Arbeitsplätze und vielseitige Karrierechancen bietet. Er hebt hervor, dass die Branche insbesondere für Menschen mit unterschiedlichsten Hintergründen – ob mit Abitur, Migrationshintergrund oder als Quereinsteiger – exzellente Ausbildungsmöglichkeiten bereithält.
Ermer sieht in der täglichen Nachfrage und den Schlangen vor erfolgreichen Bäckereien ein Zeichen für die hohe Qualität und das traditionelle Handwerk. Viele Kunden seien bereit, für traditionell hergestellte Backwaren längere Wege in Kauf zu nehmen und angemessene Preise zu zahlen. Der Verbandspräsident ist überzeugt, dass das Bäckerhandwerk auch zukünftig auf "goldenem Boden" steht.
Preissteigerungen als Umsatztreiber
Die Umsatzsteigerung im Bäckerhandwerk ist allerdings nicht nur auf eine gesteigerte Nachfrage zurückzuführen. Ein Großteil des Zuwachses ist den allgemeinen Preissteigerungen geschuldet, die vor allem durch die hohe Inflation ausgelöst wurden. Um dem Wettbewerbsdruck standzuhalten, arbeiten viele Bäckereien an einer Verbesserung ihrer internen Abläufe.
Deutsche Brotvielfalt – Eine kulturelle Leistung
Die Vielfalt der deutschen Brotkultur, die mit über 3.000 Brotspezialitäten beeindruckt, ist ein Zeugnis menschlichen Könnens und kultureller Identität. Die Käuferreichweite für Brot lag 2023 bei 97,6 Prozent, ein Wert, der die tiefe Verwurzelung des Brotes in der deutschen Kultur unterstreicht.
Fazit
Die aktuellen Entwicklungen im deutschen Bäckerhandwerk sind ein Spiegelbild der Herausforderungen, mit denen traditionelle Handwerke in der modernen Wirtschaft konfrontiert sind. Trotz der Umsatzsteigerungen und der hohen Wertschätzung für Qualität und Tradition ist der Rückgang an Betrieben und Nachwuchs ein Warnsignal. Es bedarf einer gesellschaftlichen und politischen Anerkennung des Handwerks, um diese wertvolle Kultur auch für zukünftige Generationen zu erhalten und zu fördern. Ein Umdenken in der Berufsausbildung und eine Stärkung des Handwerks könnten hierbei entscheidend sein.
Die deutsche Brotkultur, als Teil unseres immateriellen Kulturerbes, verdient es, geschützt und gestärkt zu werden, damit auch in Zukunft der Duft frisch gebackenen Brotes aus den Backstuben unserer Städte und Dörfer strömt.
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