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01.11.2024
05:24 Uhr

Steigende Krankentage und die Debatte um Lohnfortzahlung: Ein Blick auf die Hintergründe

Steigende Krankentage und die Debatte um Lohnfortzahlung: Ein Blick auf die Hintergründe

In Deutschland sind die Krankentage in den letzten Jahren dramatisch angestiegen. Im Jahr 2023 erreichte der durchschnittliche Krankenstand 5,5 Prozent, was einem Anstieg von etwa 13 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Die Techniker Krankenkasse (TK) verzeichnete für die ersten neun Monate des Jahres 2024 durchschnittlich 14,13 Krankentage pro Versicherten. Diese Zahlen werfen die Frage auf, ob es Einschränkungen bei der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall geben sollte.

Ursachen für den Anstieg der Krankentage

Der Sozialforscher Andreas Herteux hat verschiedene Faktoren identifiziert, die zu diesem Anstieg beitragen könnten:

  • Telefonische Krankschreibung: Die Möglichkeit, sich telefonisch krankschreiben zu lassen, könnte die Hemmschwelle für Krankmeldungen gesenkt haben.
  • COVID-19 und Long Covid: Die Nachwirkungen der Pandemie und die vermehrten Infektionen belasten die Krankheitsstatistik weiterhin.
  • Sensibilisierung auf Gesundheitsthemen: Die Pandemie hat das Gesundheitsbewusstsein der Menschen geschärft, was zu häufigeren Krankmeldungen führen könnte.
  • Elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU): Die Einführung der eAU hat die Erfassung von kurzzeitigen Erkrankungen verbessert.

Generations- und Berufsgruppenunterschiede

Besonders auffällig ist, dass jüngere Arbeitnehmer überdurchschnittlich viele Krankheitsmeldungen aufweisen, während ältere Beschäftigte seltener krank sind. Dies könnte auf eine veränderte Work-Life-Balance und Prioritäten der jüngeren Generation zurückzuführen sein.

Auch in verschiedenen Berufsgruppen gibt es Unterschiede. Altenpflege- und Kinderbetreuungsberufe haben einen besonders hohen Krankenstand. Zudem sind psychische Erkrankungen wie Depressionen und Angststörungen stark angestiegen.

Debatte um die Lohnfortzahlung

Angesichts des Fachkräftemangels und der hohen Krankentage gibt es Vorschläge, die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall zu reduzieren. Dies könnte durch die Einführung von Karenztagen oder eine Absenkung des Lohnes im Krankheitsfall auf 70 bis 80 Prozent geschehen. Befürworter argumentieren, dass dies Kosten sparen und die Hemmschwelle für Krankmeldungen erhöhen könnte.

Allerdings zeigen Erfahrungen aus anderen europäischen Ländern, dass solche Maßnahmen vor allem Arbeitnehmer in unsicheren Beschäftigungsverhältnissen oder mit niedrigen Einkommen belasten. Diese könnten sich gezwungen sehen, trotz Krankheit zur Arbeit zu gehen, was langfristig die Volksgesundheit und die soziale Gerechtigkeit beeinträchtigen könnte.

Politische und gesellschaftliche Implikationen

Eine Kürzung der Lohnfortzahlung würde das traditionelle soziale Sicherungsmodell in Deutschland angreifen und wahrscheinlich auf erheblichen Widerstand stoßen. Die gesetzliche Lohnfortzahlung ist ein fundamentaler Teil des deutschen Sozialsystems und schützt Arbeitnehmer vor den finanziellen Folgen von Krankheiten. Eine solche Maßnahme würde die soziale Spaltung weiter verschärfen und könnte zu mehr gesundheitlichen Problemen und chronischen Krankheiten führen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die vorgeschlagenen Maßnahmen mehr Schaden als Nutzen bringen könnten. In einer ohnehin angespannten wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lage wäre eine Reduzierung der Lohnfortzahlung kontraproduktiv und würde die bereits bestehenden Probleme nur verschärfen.

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