Regierungsbildung in Österreich: Deutsche Politiker warnen vor FPÖ-Beteiligung
Nach den Nationalratswahlen in Österreich sind die ersten Reaktionen aus Deutschland eingetroffen. Politiker von CDU, SPD, FDP und Grünen äußern Bedenken hinsichtlich einer möglichen Regierungsbeteiligung der rechten FPÖ. Diese Beteiligung könnte die Zusammenarbeit der Geheimdienste gefährden, so die Warnungen aus Berlin.
Deutsche Bedenken wegen FPÖ
Der FDP-Fraktionsvize Konstantin Kuhle, Mitglied im Kontrollgremium für Geheimdienste des Bundestages, erklärte gegenüber dem „Handelsblatt“, dass eine Beteiligung der FPÖ an der Regierung bedeuten würde, dass Deutschland die nachrichtendienstliche Kooperation mit Österreich auf den Prüfstand stellen müsse. Die FPÖ sei Teil eines europaweiten Netzwerks russlandfreundlicher Parteien und stelle somit ein Sicherheitsrisiko dar.
Auch Konstantin von Notz von den Grünen betonte, dass in Zeiten eines völkerrechtswidrigen Angriffskrieges in Europa und massiver Desinformationskampagnen die FPÖ in der Regierung ein erhebliches Sicherheitsproblem für Österreich und seine Partner darstellen würde. Ähnliche Bedenken äußerten die Bundespolitiker Roderich Kiesewetter (CDU) und Ralf Stegner (SPD).
Vertrauenskrise beim „Berner Club“
Die österreichischen Geheimdienststrukturen standen in den letzten Jahren mehrfach in der Kritik. Im Jahr 2018 drohte der „Berner Club“, ein informelles Gremium europäischer und israelischer Geheimdienste, dem österreichischen Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusabwehr (BVT) mit dem Ende der Kooperation. Anlass war eine groß angelegte Razzia in den Dienst- und Privaträumen von BVT-Beamten, die von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) angeordnet wurde.
Damals war der heutige FPÖ-Chef Herbert Kickl Innenminister. Seine Anhänger verteidigten das Vorgehen als Schritt gegen korrupte Seilschaften im Staatsapparat, während Gegner einen gezielten Einschüchterungsversuch witterten. Bis heute gibt es keine Anklagen gegen Beteiligte der Durchsuchungsaktion.
Geheimdienstreform und neue Herausforderungen
Im Jahr 2021 wurde der österreichische Geheimdienst reformiert. An die Stelle des BVT trat die Direktion für Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN). Trotz dieser Reformen bleibt die Skepsis ausländischer Partner bestehen, wie der jüngste Vorfall im Sommer zeigt. Der österreichische Nachrichtendienst konnte einen geplanten Anschlag auf ein Taylor-Swift-Konzert vereiteln, nachdem ausländische Dienste das Heeresnachrichtenamt (HNaA) vor der DSN informiert hatten.
Ungewisse Regierungsbildung
Ob die Mahnungen aus Deutschland die Regierungsbildung in Österreich beeinflussen werden, bleibt abzuwarten. Bundespräsident Alexander Van der Bellen wird in den kommenden Tagen entscheiden, wer den Auftrag zur Regierungsbildung erhält. Bundeskanzler Karl Nehammer hat sich dafür ausgesprochen, dass Herbert Kickl, als Chef der stimmenstärksten Partei, den Sondierungsauftrag erhalten sollte.
Die ÖVP hat nach dem Ergebnis der Nationalratswahl zwei Optionen für eine Zweierkoalition: mit der FPÖ oder der SPÖ. Eine Koalition mit der FPÖ würde eine solide Mehrheit im Nationalrat bedeuten, jedoch hat die ÖVP klargestellt, dass sie eine Koalition unter Führung von Herbert Kickl ausschließt. Die Unwägbarkeiten rund um das BVT und die Geheimdienstbeziehungen zu ausländischen Partnern könnten die Koalitionsgespräche zusätzlich beeinflussen.
Die kommenden Tage werden zeigen, wie sich die politische Landschaft in Österreich weiterentwickelt und ob die Bedenken aus Deutschland Gehör finden werden.
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