Bundesrat will neuen Straftatbestand: Schutz vor „politischem Stalking“ bis EU-Ebene
Der Bundesrat hat in seiner letzten Sitzung vor der Sommerpause am 5. Juli 2024 den Weg für einen neuen Straftatbestand des sogenannten politischen Stalkings freigemacht. Dieser Gesetzentwurf soll einen besseren strafrechtlichen Schutz von Amts- und Mandatsträgern vor Einschüchterungsversuchen gewährleisten. Die Initiative wurde von den Bundesländern Sachsen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein eingebracht.
Schutz für Kommunalpolitiker
In der Vergangenheit sei immer wieder zu beobachten gewesen, dass insbesondere Kommunalpolitiker aufgrund von Übergriffen und der „Aufheizung der Stimmung“ von ihrem Amt zurückgetreten seien. Der Gesetzentwurf betont, dass sich Fälle häufen, in denen kaum noch Personen bereit sind, Ämter vor Ort zu übernehmen, sodass Stellen in der staatlichen und kommunalen Verwaltung nur schwer zu besetzen sind. Das Strafrecht erfasse solche Einschüchterungen gegen Politiker bisher nicht gezielt, sondern nur durch allgemeine Tatbestände wie Beleidigung oder üble Nachrede.
Der Bundesrat fordert daher eine Erweiterung der Straftatbestände, um auch „subtilere Beeinflussungen unterhalb der gezielten Nötigung“ einzubeziehen.
Erweiterung auf die EU-Ebene
Der Schutz von Mitgliedern von Verfassungsorganen soll nicht nur für Kommunalpolitiker in deutschen Gemeinden gelten, sondern auch auf die europäische Ebene ausgeweitet werden. Der in den Paragrafen 105 und 106 des Strafgesetzbuches bezeichnete Tatbestand der Nötigung soll ebenfalls für das Europäische Parlament, die Europäische Kommission und Gerichte der Europäischen Union gelten. Dadurch solle die „große Bedeutung von Entscheidungen in den Gemeinderäten und in der europäischen Gesetzgebung für den demokratischen Rechtsstaat unterstrichen werden“, so der Bundesrat.
Neuer Paragraf 106a
Ein neu geschaffener Paragraf 106a Strafgesetzbuch trägt die Überschrift „Beeinflussung von Amts- und Mandatsträgern“. Übergriffe können hier mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder einer Geldstrafe und in schweren Fällen mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren geahndet werden. Der Straftatbestand kommt zum Tragen, wenn Personen Amts- und Mandatsträger, ihnen nahestehende Angehörige oder Dritte durch räumliche Nähe und Kontaktaufnahme bedrohen und unter Druck setzen, sodass diese nicht unerheblich in ihrer Lebensgestaltung beeinträchtigt sind.
„Die Tathandlung muss zudem geeignet sein, die betroffene Person bei der Wahrnehmung ihrer Befugnisse in eine bestimmte Richtung zu lenken bzw. sie von deren Wahrnehmung abzuhalten oder sie zur Aufgabe ihres Amtes oder Mandats zu bewegen“, heißt es im Gesetzentwurf. Dazu gehört auch das Bestellen von Waren oder Dienstleistungen für die jeweilige Person, das Abfangen von Daten sowie deren Verbreitung und vergleichbare Handlungen.
Der Entwurf sieht vor, dass die Strafe in der Regel härter ausfällt, wenn das politische Stalking mit einem körperlichen Angriff einhergeht oder die betroffene Person unter 21 Jahre alt ist.
Kosten bisher nicht abschätzbar
Durch die Einführung und Erweiterung der Straftatbestände rechnet der Bundesrat mit mehr Aufwand bei den Strafverfolgungsbehörden und Gerichten. „Der Umfang der entstehenden Aufwendungen ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht genau abschätzbar. Angesichts der eher geringfügigen Erweiterung des Strafgesetzbuches wird jedoch mit keinem erheblichen Mehrbedarf an Sach- und Personenmitteln gerechnet.“
Wie geht es weiter?
Der Gesetzentwurf des Bundesrates wird nun beim Bundestag eingebracht, der darüber entscheidet. Vorher erhält die Bundesregierung die Gelegenheit zur Stellungnahme. Wann im Bundestag eine Anhörung und Abstimmung zu dem Gesetzentwurf erfolgt, ist noch nicht absehbar.
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