Wirtschaftliche Stagnation im Euroraum: EZB in Alarmbereitschaft
Während die europäischen Aktienmärkte nahe ihrer Rekordstände verharren, bleibt die fundamentale Lage im Euroraum angespannt. Die Privatwirtschaft schrumpft den zweiten Monat in Folge, und die Wirtschaft des Eurogebiets steckt in einer Stagnation fest. Besonders die anhaltende wirtschaftliche Schwäche Deutschlands trägt maßgeblich zu dieser Entwicklung bei.
Abwärtstrend in der Eurozone
Wie von Bloomberg berichtet, setzt sich der Abwärtstrend der Privatwirtschaft in der Eurozone fort, wobei die beiden wichtigsten Volkswirtschaften der Region, Deutschland und Frankreich, die Produktion belasten. Der zusammengesetzte Einkaufsmanagerindex (EMI) von S&P Global stieg im Oktober nur geringfügig von 49,6 auf 49,7, blieb aber weiterhin unter der Wachstumsschwelle von 50. Dies deutet darauf hin, dass die Wirtschaft des Euroraums weiterhin keine Anzeichen einer Erholung zeigt.
Deutschland als Hauptschuldiger
Besonders in Deutschland, wo die Industriegiganten mit steigenden Energiepreisen und einer schwachen Nachfrage aus China zu kämpfen haben, bleibt die Lage kritisch. Obwohl der deutsche Einkaufsmanagerindex einen leichten Anstieg verzeichnete, bleibt die Industrie tief in der Rezession. Auch in Frankreich verschärft sich die Situation, da der lang ersehnte Aufschwung beim Konsum bislang ausblieb.
EZB reagiert mit Zinssenkungen
Die anhaltende Schwäche hat bei der Europäischen Zentralbank (EZB) die Alarmglocken läuten lassen. In diesem Jahr senkte die EZB bereits zum dritten Mal die Zinsen, und erste Notenbanker sprechen sogar von einem großen Zinsschritt im Dezember. Die EZB sieht sich gezwungen, die Wirtschaft zu stützen, da kaum Anzeichen einer Erholung zu erkennen sind und die Inflation unter der Zielmarke von zwei Prozent liegen könnte.
„Die Wachstumsaussichten haben sich in den letzten Monaten deutlich verschlechtert, was auch den disinflationären Druck erhöhen könnte“, sagte EZB-Ratsmitglied Olli Rehn am Dienstag in Washington. „Wir müssen die Möglichkeit einer Unterschreitung der Inflationsrate im Auge behalten und sind möglicherweise auch besorgt darüber.“
Auch Mario Centeno, ein weiteres EZB-Ratsmitglied, betonte die Notwendigkeit, die Wirtschaft des Euroraums schnell von allen Fesseln zu befreien, um Ausgaben und Investitionen anzukurbeln, bevor die steigende Arbeitslosigkeit eine Wachstumserholung erschwert.
Prognosen der Ökonomen
Bloomberg-Ökonomen gehen davon aus, dass die Risiken für das BIP-Wachstum im letzten Quartal des Jahres stark nach unten gerichtet sind. Sie erwarten, dass die EZB ihren Schritt zu einem neutralen Leitzins beschleunigen könnte, da der Disinflationsprozess bereits weit fortgeschritten ist. Die Anleger an den Geldmärkten setzen verstärkt auf eine Lockerung der Geldpolitik und erwarten eine Reihe weiterer Zinssenkungen bis Mitte 2025.
Unsicherheiten über kommende Zinsschritte
Die Händler sind unsicher, ob die EZB im Dezember eine Zinssenkung um einen halben Prozentpunkt vornehmen wird. Trotz der Veröffentlichung der Einkaufsmanagerindizes, die auf hartnäckigen Preisdruck hinweisen, wird spekuliert, dass die EZB die Leitzinsen im Dezember wahrscheinlich nur um 25 Basispunkte senken wird.
Stagnation ohne klare Erholung
In Deutschland bleibt der Einkaufsmanagerindex zwar unter 50, aber mit einem leichten Anstieg. In Frankreich verschlechterte sich die Lage hingegen weiter. Außerhalb dieser beiden Länder stieg die Produktion laut S&P Global so schnell wie seit vier Monaten nicht mehr. Unternehmen in der Eurozone haben jedoch verstärkt Personal abgebaut, und die Beschäftigung sank im dritten Monat in Folge.
Die PMIs werden von den Märkten genau beobachtet, da sie früh im Monat veröffentlicht werden und Trends und Wendepunkte in der Wirtschaft aufzeigen. Die Kombination aus höheren Löhnen und niedrigerer Inflation könnte den Konsum ankurbeln und den Dienstleistern einen dringend benötigten Auftrieb geben, doch die Unsicherheit bleibt groß.
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