Volksbanken in der Krise: Wenn aus soliden Geldhäusern riskante Zocker werden
Die einst als bodenständig und vertrauenswürdig geltenden Genossenschaftsbanken geraten zunehmend in die Schlagzeilen - und das nicht im positiven Sinne. Was lange Zeit als Inbegriff seriöser Bankgeschäfte galt, entpuppt sich in einigen Fällen als Spielwiese für riskante Spekulationen und fragwürdige Geschäftspraktiken.
Das bröckelnde Image der "Banken des kleinen Mannes"
Während die Volksbanken noch im vergangenen Jahr beim Marken-Ranking des Meinungsforschungsinstituts YouGov den dritten Platz belegten, häufen sich nun die Negativschlagzeilen. Von Bad Salzungen über Dortmund bis Düsseldorf - überall tauchen Problemfälle auf. Der Gesamtschaden könnte sich auf bis zu 500 Millionen Euro belaufen. Ein vernichtendes Urteil kommt dabei von Mark Branson, dem Chef der Finanzaufsicht Bafin: "Einige der Banken sind nicht gut geführt worden und hatten kein gutes Risikomanagement."
Größenwahn statt solider Geschäftspolitik
Besonders pikant erscheint der Fall der VR-Bank Bad Salzungen. Unter der Führung des ehemaligen Bankchefs Stefan Siebert verstrickte sich das Institut in höchst fragwürdige Geschäfte. Statt sich auf das klassische regionale Geschäft zu konzentrieren, investierte man in zwielichtige Immobilien und wagte sich sogar an ein Wasserprojekt in der griechischen Mönchsrepublik Athos. Der Schaden: satte 280 Millionen Euro.
Die verzweifelte Jagd nach Rendite
Die Ursachen für diese Entwicklung liegen tiefer. Die jahrelange Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank zwang viele Volksbanken, nach neuen Ertragsquellen zu suchen. Dabei scheinen einige Institute die grundlegenden Prinzipien des genossenschaftlichen Bankwesens aus den Augen verloren zu haben.
"Die Volksbanken sollten sich auf das regionale Geschäft konzentrieren, dort liegt ihre Expertise", mahnt Finanzwissenschaftler Volker Brühl vom Center for Financial Studies der Frankfurter Goethe-Universität.
Systemische Schwächen offenbaren sich
Die aktuelle Situation legt strukturelle Probleme im genossenschaftlichen Bankensektor offen. Mit rund 700 Volks- und Raiffeisenbanken erscheint der Markt übersättigt. Viele Institute agieren in wirtschaftlich schwachen Regionen und stehen unter enormem Konkurrenzdruck. Gleichzeitig fehlt es häufig an Expertise für komplexere Finanzgeschäfte - ein gefährlicher Mix.
Reformbedarf wird deutlich
Der Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) hat mittlerweile reagiert und seine Statuten verschärft. Künftig soll früher und konsequenter eingegriffen werden können, wenn eine Bank vom rechten Weg abkommt. Ob diese Maßnahmen ausreichen werden, bleibt abzuwarten. Die Entwicklung zeigt jedenfalls deutlich: Das traditionelle Modell der Volksbanken steht vor gewaltigen Herausforderungen in einer sich rasant wandelnden Finanzwelt.
Für die Kunden bleibt zu hoffen, dass die Institute zu ihren ursprünglichen Werten zurückfinden - solide Geschäftspolitik statt riskanter Spekulationen. Denn gerade in Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit braucht es verlässliche Finanzpartner, die nicht dem schnellen Profit hinterherjagen.
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