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06.11.2024
09:25 Uhr

Staatsrechtler warnt vor AfD-Verbotsverfahren – Partei plant Ausschluss mutmaßlicher Extremisten

Staatsrechtler warnt vor AfD-Verbotsverfahren – Partei plant Ausschluss mutmaßlicher Extremisten

Während ein Staatsrechtler eindringlich vor einem Verbotsverfahren gegen die AfD abrät, distanziert sich die Partei ausdrücklich von der mutmaßlich rechtsextremistischen Gruppe Sächsische Separatisten. Jene Mitglieder, die sich dort engagiert haben sollen, will die Partei mit sofortiger Wirkung von der Ausübung ihrer Mitgliedsrechte ausschließen.

Warnung vor einem AfD-Verbotsverfahren

Der Staatsrechtler Volker Boehme-Neßler warnt vor einem Verbotsverfahren gegen die AfD. „Würde ein Verbot abgelehnt werden, wovon ich aktuell ausgehe, hätte die Partei eine offizielle staatliche Bescheinigung ihrer Verfassungstreue“, sagte der an der Uni Oldenburg lehrende Professor der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. Nach Ansicht des Juristen und Politikwissenschaftlers gibt es „sicher waschechte Nazis in der AfD“. Die Frage sei aber, ob diese Leute die Partei als Ganzes prägen. „Da wäre ich mir nicht so sicher. Hinzu kommt, dass das Grundgesetz auch toleriert, wenn man Nazi-Meinungen vertritt. Die Meinungsfreiheit der Verfassung reicht sehr weit“, stellte Boehme-Neßler der NOZ klar und sagte: „Ich sehe nicht, dass die AfD als Gesamtpartei eine rechtsextremistische Partei ist. Erst recht sehe ich nicht, dass sie die Verfassung aggressiv bekämpft. Die Voraussetzungen für ein Parteiverbot liegen aus meiner Sicht deshalb nicht vor.“

Einstufung durch Verfassungsschutz reicht nicht aus

Das Bundesverfassungsgericht schaue sich in einem Parteiverbotsverfahren „die Fakten sehr genau an“. Da reiche es nicht, auf die Einstufung durch den Verfassungsschutz zu verweisen. „Mehr als – vielleicht – eine Indizwirkung haben die Erkenntnisse des Verfassungsschutzes nicht.“ Zugleich verwies Boehme-Neßler auf den großen Wählerzuspruch der AfD – aus seiner Sicht ebenfalls ein Argument gegen ein Verbot. Wer jetzt ein Parteiverbot beantrage, sende eine fatale Botschaft nach dem Motto „wenn es politisch nicht gelingt, die Partei zu bekämpfen, dann wird sie eben juristisch verboten“. An die Wähler der AfD ginge die Botschaft, sie hätten die falsche Partei gewählt. „Zur freiheitlichen Demokratie passt das nicht. Ich würde das auf keinen Fall machen und kann davor nur warnen – wegen der inakzeptablen Schäden für die Demokratie.“

AfD will mutmaßliche Mitglieder der Sächsischen Separatisten ausschließen

Derweil will die AfD nach der Zerschlagung der mutmaßlich rechtsextremistischen Gruppe Sächsische Separatisten jene Mitglieder ausschließen, die sich dort engagiert haben sollen. Die Parteivorsitzenden Tino Chrupalla und Alice Weidel riefen nach Angaben vom Mittwoch eine Sondertelefonkonferenz des AfD-Bundesvorstands ein. Der einzige Tagesordnungspunkt sei ein Beschlussantrag, mit dem gegen die von den Maßnahmen des Generalbundesanwalts betroffenen Mitglieder beim zuständigen Landesschiedsgericht ein Parteiausschluss beantragt werden solle. Es gehe hier um einen erheblichen Verstoß „gegen die Grundsätze und Ordnung unserer Partei“, hieß es weiter. Der „dringende und schwerwiegende Fall“ mache ein sofortiges Eingreifen notwendig. Bis zur Entscheidung des Schiedsgerichts sollten die mutmaßlichen Rechtsextremisten darum mit sofortiger Wirkung von der Ausübung ihrer Mitgliedsrechte ausgeschlossen werden.

Verbindungen zur AfD

Die AfD sei „mit dieser mutmaßlich neonazistischen Gruppierung – welche unseren Grundsätzen und unserer Programmatik zutiefst widerspricht – weder inhaltlich noch organisatorisch in irgendeiner Weise verbunden“, erklärte die Partei. Bei einer Razzia in Sachsen und Polen waren am Dienstag acht mutmaßliche Mitglieder der Gruppe festgenommen worden, darunter ein AfD-Stadtrat aus dem sächsischen Grimma. Medienberichten zufolge haben zwei weitere Festgenommene Verbindungen zur AfD. Nach Angaben der Bundesanwaltschaft lehnen die Gruppenmitglieder die freiheitlich-demokratische Grundordnung ab und gehen vom unausweichlichen „Kollaps“ staatlicher und gesellschaftlicher Strukturen in Deutschland an einem „Tag X“ aus. Dies hätten sie zur Errichtung eines am Nationalsozialismus orientierten Gemeinwesens nutzen wollen. Die Gruppe habe vorgehabt, mit Waffengewalt Gebiete in Sachsen und womöglich auch in anderen ostdeutschen Ländern zu erobern. Von ihnen unerwünschte Menschen hätten von dort „entfernt“ werden sollen, notfalls durch ethnische Säuberungen.

AfD-Verbotsantrag im Bundestag

Derzeit arbeiten Bundestagsabgeordnete verschiedener Fraktionen an einem AfD-Verbotsantrag, der im Dezember oder Januar im Bundestag zur Abstimmung gestellt werden könnte. Für das eigentliche Verbotsverfahren wäre anschließend das Bundesverfassungsgericht zuständig. In Thüringen ist die AfD bei der Landtagswahl am 1. September stärkste Kraft geworden. Die konstituierende Sitzung des Landtages versank Ende September wegen des Auftretens von AfD-Alterspräsident Jürgen Treutler zeitweise im Chaos.

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