Spannungen in der EU: Zerbricht die Union an Orbán?
Die Europäische Union steht vor einer Zerreißprobe: Mehrere Mitgliedstaaten erwägen, ein beispielloses Zeichen gegen Ungarns Premierminister Viktor Orbán zu setzen. Die jüngsten Entwicklungen könnten gravierende Folgen für die Stabilität und Einheit der EU haben.
Orbáns umstrittene Außenpolitik sorgt für Unmut
Viktor Orbáns „Friedensmission“, die er mit der Übernahme der EU-Ratspräsidentschaft im Juli gestartet hat, stößt auf heftigen Widerstand. Seine Besuche bei Russlands Präsident Wladimir Putin, Chinas Staatschef Xi Jinping und Amerikas Ex-Präsident Donald Trump haben in Brüssel für erhebliche Spannungen gesorgt. Der polnische Premier Donald Tusk warf Orbán vor, sich zum „willfährigen Werkzeug des Diktators im Kreml“ zu machen.
Boykott des EU-Außenministertreffens in Budapest
Die Mitgliedstaaten erwägen nun, das von Ungarn ausgerichtete EU-Außenministertreffen am 28. und 29. August zu boykottieren. Laut einem Bericht der amerikanischen Zeitung Politico wollen viele EU-Außenminister nicht Teil einer weiteren „Orbán-Propagandashow“ werden. Stattdessen soll ein eigenes Treffen organisiert werden, ein beispielloser Schritt in der Geschichte der EU.
Der amtierende EU-Außenbeauftragte Josep Borrell plant, die EU-Außenminister zu einem „formellen“ Außenministerrat einzuberufen, der zeitgleich mit Orbáns Gipfel stattfinden soll. Politico beruft sich auf drei EU-Diplomaten, die direkt mit Borrells Plan vertraut sind und wegen der Brisanz des Vorhabens anonym bleiben wollen.
Ein klares Signal an Orbán
Einer der Diplomaten sagte Politico, die Außenminister wollten mit dem Boykott des Treffens in Budapest „ein klares Signal senden, dass Ungarn nicht für die EU spricht“. Man hoffe, dass Orbán daraufhin seine „Provokationen“ einstellen werde. Das Vorhaben wurde bereits informell mit mehreren EU-Ländern besprochen, darunter Frankreich und Deutschland. Am Mittwoch wird Borrells Team den Plan den 27 ständigen Vertretern der EU vorstellen.
Die Reaktionen der EU-Staaten
Die Minister anderer EU-Länder haben Ungarn in den vergangenen Tagen bereits die kalte Schulter gezeigt. Beim ersten Treffen der ungarischen Ratspräsidentschaft in Budapest, bei dem es um Industriepolitik ging, waren nur sieben Minister aus anderen Ländern anwesend. Auch ein Kommissar war nicht zugegen.
Orbáns Position zur Ukraine
Seit dem Krieg zwischen Russland und der Ukraine haben sich die Spannungen zwischen der EU und Ungarn verschärft. Orbán hat lange Zeit Hilfen für die Ukraine blockiert und vertritt offen die Überzeugung, dass Sanktionen gegen Moskau sowie die Militärhilfen für die Ukraine den Krieg nur unnötig verlängern würden. Nach seinem Treffen mit Putin schrieb Orbán auf X: „Frieden lässt sich nicht von einem bequemen Sessel in Brüssel aus machen.“ Den russischen Präsidenten bezeichnete er als „100 Prozent rational“.
Die möglichen Folgen für die EU
Der Boykott einer Veranstaltung, die für das Land, das die Ratspräsidentschaft innehat, ein wichtiges Ereignis zur Präsentation auf der Weltbühne sein sollte, ist ein großer Affront. Die Folgen für die EU wären unabsehbar. Viele westliche Kommentatoren bezeichnen Orbáns Fraktion im Europaparlament nicht als „Patrioten für Europa“, sondern als „Putinisten für Europa“.
Die kommenden Wochen werden zeigen, ob die EU in der Lage ist, diese interne Krise zu bewältigen, oder ob die Differenzen zwischen den Mitgliedstaaten weiter vertieft werden. Eines ist klar: Die Einheit der Europäischen Union steht auf dem Spiel.
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