Sinkende Zahlungsmoral: Deutsche Firmen zahlen ihre Rechnungen immer später
Die Zahlungsmoral deutscher Unternehmen hat sich im ersten Halbjahr 2024 deutlich verschlechtert. Laut einer aktuellen Auswertung der Wirtschaftsauskunftei Crif, die der Tagesschau vorliegt, begleichen Firmen ihre Rechnungen im Schnitt erst nach 53,2 Tagen. Dies sind fast acht Tage mehr als im Vorjahreszeitraum. Die durchschnittliche Verspätung über dem vereinbarten Zahlungsziel von 26 Tagen ist damit eine der signifikantesten Erhöhungen der letzten Jahre.
Ein Warnsignal für bevorstehende Insolvenzen?
Frank Schlein, Deutschlandchef von Crif, äußerte gegenüber dem Handelsblatt Besorgnis über diese Entwicklung. Zahlungsverzug könne oft ein Vorbote einer Zahlungsunfähigkeit sein. Wenn Unternehmen ihre Lieferanten nicht fristgerecht bezahlen, belaste dies wiederum diese Zulieferer. Besonders betroffen sind laut der Auswertung die Bau- und Immobilienbranche sowie die Gastronomie, wo Zahlungen mehr als 30 Tage später als vereinbart eingehen.
Gastrobranche besonders stark betroffen
Die Gastronomiebranche steht dabei besonders schlecht da. Hier wurden Rechnungen im Durchschnitt mehr als 30 Tage nach dem vereinbarten Zahlungsziel beglichen. Dies ist ein alarmierendes Zeichen, insbesondere in einer Branche, die bereits durch die Pandemie stark gebeutelt wurde. Im vergangenen Jahr hat jedes zehnte Unternehmen in der Gastronomie aufgegeben.
Große Unternehmen als Hauptverursacher
Interessanterweise sind es vor allem große Unternehmen, die als Aktiengesellschaften (AG) gelistet sind, die den Großteil der verspäteten Zahlungen ausmachen. Diese nutzen die verspäteten Zahlungen teilweise zur Liquiditätssteuerung. Crif erklärt, dass große Unternehmen ihre Marktmacht ausnutzen, um ihre Liquidität zu verbessern, meist auf Kosten der kleineren Lieferanten.
Regionale Unterschiede
Bei einem Blick auf die regionalen Unterschiede fällt auf, dass in Berlin der größte Anteil an Unternehmen mit verspäteten Zahlungen zu finden ist (16,3 Prozent), gefolgt von Mecklenburg-Vorpommern (13,5 Prozent) und Schleswig-Holstein (12,4 Prozent). Die wenigsten offenen Rechnungen gibt es in Thüringen mit nur 5,8 Prozent.
Positive Entwicklungen
Trotz dieser negativen Entwicklungen gibt es auch positive Nachrichten: Der Anteil der Unternehmen, die verspätet zahlen, ist leicht zurückgegangen. 92 Prozent der Unternehmen beglichen ihre Rechnungen fristgerecht, was 0,4 Prozent mehr sind als im Vorjahr. Zudem liegt der Wert der Zahlungsverspätungen mit 27,2 Tagen nur leicht über dem Vor-Pandemie-Niveau von Januar 2020, als im Schnitt 26,4 Tage verspätet gezahlt wurde.
Die aktuelle Situation zeigt deutlich, dass die deutsche Wirtschaft weiterhin mit erheblichen Herausforderungen konfrontiert ist. Eine sinkende Zahlungsmoral könnte ein Anzeichen für tiefere wirtschaftliche Probleme sein, die sich in den kommenden Monaten weiter verschärfen könnten.
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