Politische Krise in Deutschland: Das Ende der Ampel-Koalition und seine Folgen
Der Bruch der Ampel-Koalition in Berlin hat weitreichende Reaktionen in Europa und der Welt ausgelöst. Bundeskanzler Olaf Scholz hat am Mittwoch Finanzminister Christian Lindner entlassen und für den 15. Januar die Vertrauensfrage im Bundestag angekündigt. Bis Ende März könnte es zu Neuwahlen kommen. Die internationalen Stimmen zum Ende der Ampel-Koalition sind dabei alles andere als homogen.
Reaktionen aus der EU
EU-Parlamentspräsidentin Roberta Metsola äußerte sich besorgt über die politische Lähmung in Deutschland. „Europa ist nicht stark ohne ein starkes Deutschland“, sagte Metsola vor dem Gipfeltreffen der Europäischen Politischen Gemeinschaft in Budapest. Der finnische Regierungschef Petteri Orpo betonte die Wichtigkeit schneller Neuwahlen in Deutschland, um die Handlungsfähigkeit der EU in Finanzfragen sicherzustellen.
Anders sieht es NATO-Generalsekretär Mark Rutte. Er gab sich unbesorgt und betonte, dass Deutschland weiterhin seine Verpflichtungen in der Verteidigungs- und Außenpolitik erfüllen könne. „Olaf Scholz ist eine starke Führungspersönlichkeit“, so Rutte. Der Bundeskanzler werde „in den kommenden Monaten dafür sorgen, dass Deutschland seine Rolle auf der Weltbühne wahrnimmt“.
Stimmen aus der internationalen Presse
Die internationale Presse zeigt sich uneinig über die Folgen des Koalitionsbruchs. So rechnet der britische „Guardian“ nicht mit einem raschen Ende der deutschen Regierungskrise. „Insider in der Regierung hatten vermutet, dass der Wahlsieg von Donald Trump die Gemüter in Berlin beruhigen und die Spitzen von Sozialdemokraten, Grünen und FDP dazu zwingen würde, die Notwendigkeit der Einigkeit zu erkennen. Aber die Zwietracht und der Groll in Berlin schien kein Einlenken zu ermöglichen.“
Anders sieht dies ein Kommentar im österreichischen „Standard“: „Am Ende wurde es, wie bei vielen privaten Trennungen auch, richtig, richtig schmutzig“, heißt es dort. „Die Ampel wollte sich nicht mehr retten. Das ist einerseits bitter, denn die Legislaturperiode hätte noch bis September 2025 gedauert. Andererseits war ihr Zustand über lange Zeit schon so desolat, dass man sagen muss: Endlich ist das Trauerspiel vorbei.“
Vergleiche mit anderen Ländern
Die „New York Times“ sieht einen „Kollaps“ im Ampel-Aus. „Die außergewöhnlichen Schwierigkeiten in Berlin lassen die Europäische Union in einer besonders schwierigen Zeit immer mehr in die Irre gehen“, so das US-Blatt. Die spanische Tageszeitung „El País“ ging auf die Ursache für den Streit zwischen Scholz und Lindner ein. Diese sieht sie in den großen ideologischen Unterschieden zwischen Sozialdemokratie und Liberalismus. „Die Bundesregierung ist an unüberbrückbaren wirtschaftspolitischen Differenzen zerbrochen“, erklärt das Medium.
Der italienische „Corriere della Serra“ sieht gar Ähnlichkeiten zu politischen Auseinandersetzungen der Vergangenheit im eigenen Land. „Nun ist es an Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, die Krise von Schloss Bellevue aus zu steuern – so wie es im italienischen Präsidentenpalast oft passierte. Deutschland scheint mit der Krise ein italienisches Schauspiel nachzuspielen, das [in Deutschland] bisher noch niemand gespielt hat.“
Ungünstiges Timing
Viele Medien halten den Zeitpunkt der Krise für ungünstig. „Just in dem Moment, in dem Donald Trump in den USA die Wahl gewinnt – was für Europa und Deutschland turbulente Zeiten bedeutet – steckt die deutsche Regierung in der Krise“, schreibt zum Beispiel der belgische „De Standaard“. Ähnlich sieht es die niederländische Tageszeitung „De Telegraaf“: „Ausgerechnet einen Tag, nachdem die Vereinigten Staaten mehrheitlich ‚America First‘ gewählt haben, steckt das größte EU-Land samt einem stotternden Wirtschaftsmotor in einer großen politischen Krise.“
Die französische Tageszeitung „Le Monde“ zeigt sich überrascht: „Es wurde erwartet, dass Donald Trumps Sieg die Reihen der seit 2021 in Berlin regierenden Koalition schließen würde; er löste schließlich ihre Explosion aus.“ Die „Neue Zürcher Zeitung“ nimmt Scholz ins Visier: „Olaf Scholz bleibt sich auch im Niedergang treu. Während der Kanzler den liberalen Finanzminister Christian Lindner am Mittwochabend bei seiner Pressekonferenz in Berlin als kleinkarierten und vertrauensunwürdigen Taktierer beschimpft und aus der Regierung wirft, klopft er sich selbst auf die Schultern“, so das Schweizer Medium. Deutschland sei ein „starkes Land“, behauptet Scholz, heißt es dort weiter. „Es ist nicht die einzige kolossale Fehleinschätzung dieses Abends.“
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