Lehrermangel in Deutschland: Eine Krise mit weitreichenden Folgen
Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) warnt vor einer dramatischen Verschärfung des Lehrkräftemangels in Deutschland. Nach aktuellen Hochrechnungen könnten bis 2030 über 110.000 Lehrkräfte fehlen. Grund dafür sei der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung in der Grundschule, wie GEW-Chefin Maike Finnern in einem Interview mit der "Stuttgarter Zeitung" und den "Stuttgarter Nachrichten" erklärte.
Ganztagsbetreuung: Ein zweischneidiges Schwert
Der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung, der schrittweise ab dem Schuljahr 2026/2027 für Grundschüler eingeführt werden soll, bietet laut Finnern zwar große Chancen zur Stärkung der Bildungslandschaft in Deutschland. Gleichzeitig verschärft er jedoch den ohnehin schon bestehenden Lehrermangel. Die GEW rechnet damit, dass 70 bis 80 Prozent der Eltern das Ganztagsangebot nutzen werden. Diese Prognose basiert auf bisherigen Erfahrungen mit der Einführung des Rechtsanspruchs auf einen Kitaplatz, bei dem das Interesse der Eltern ebenfalls deutlich angestiegen sei.
Ein Mangel an Fachkräften auf allen Ebenen
Doch es sind nicht nur Lehrkräfte, die fehlen. Auch Erzieherinnen und Erzieher, Sozialarbeiter und Schulpsychologen werden dringend benötigt. Die GEW fordert daher, dass die Ganztagsbetreuung durch qualitative Weiterbildungen und attraktive Arbeitsbedingungen zu einem interessanten Berufsfeld gemacht wird.
Neue Qualifizierungsprogramme als Hoffnungsschimmer
Andrea Betz, Vorstandssprecherin der Diakonie München und Oberbayern, setzt auf neue Qualifizierungsprogramme, um dem Personalmangel entgegenzuwirken. Die Weiterbildung zur "Ergänzungskraft für Grundschulkindbetreuung" sei weniger zeitaufwendig als die Ausbildung zur Erzieherin und biete vor allem zugewanderten Menschen mit pädagogischer Qualifikation eine gute Chance, sich in Deutschland zu integrieren und beruflich zu etablieren.
Die "Riesen-Challenge" der Umsetzung
Betz bezeichnet die Umsetzung des Rechtsanspruchs auf Ganztagsbetreuung als "Riesen-Challenge". Es bedürfe mehr Lobbyarbeit für pädagogische Berufe und eine engere Verzahnung der Systeme Schule und Jugendhilfe. Nur so könne das Konzept des kooperativen Ganztags, bei dem Lehrerkollegium und KoGa-Team auf Augenhöhe agieren, erfolgreich umgesetzt werden.
Ein Dauerproblem: Der Lehrermangel
Der Lehrermangel ist kein neues Phänomen. Bereits seit Jahren wird darüber diskutiert. Aktuelle Zahlen des bayerischen Kultusministeriums zeigen, dass immer weniger Lehrerinnen und Lehrer bis zur regulären Arbeitsgrenze oder darüber hinaus arbeiten. An Grund- und Mittelschulen sind es nur noch etwas über 15 Prozent, während es vor zehn Jahren noch rund 60 Prozent waren.
Die Politik ist gefordert
Angesichts dieser alarmierenden Zahlen ist die Politik gefordert, endlich nachhaltige Lösungen zu finden. Der Countdown zum Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung läuft, und es bleibt abzuwarten, ob Bund und Länder in der Lage sein werden, die notwendigen räumlichen und personellen Voraussetzungen zu schaffen. Es ist höchste Zeit, dass die Verantwortlichen handeln und die Weichen für eine starke und zukunftsfähige Bildungslandschaft in Deutschland stellen.
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