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04.07.2024
06:11 Uhr

Deutschland im Schlafwagen Richtung Krieg: Eine kritische Analyse

Deutschland im Schlafwagen Richtung Krieg: Eine kritische Analyse

Innerhalb von gerade einmal knapp zweieinhalb Jahren, seit Beginn des Ukraine-Krieges, sind alle hehren Grundsätze der alten Bundesrepublik über die scheinbar ewigen Lektionen, die man angeblich aus der katastrophalen NS-Vergangenheit und den horrenden Kriegsschrecken gezogen hat, die über Jahrzehnte in Tausenden von Sonntagsreden des „Nie wieder“ und „Nie wieder Krieg“ beschworen wurden, nicht nur abgeräumt, sondern in ihr exaktes Gegenteil verkehrt worden.

Ein geschichtsvergessener Moralismus

Ein geschichtsvergessener Moralismus des „Ja, aber…”, der so tut, als sei der bellum iustum, der „gerechte Krieg“, nun plötzlich doch legitim und dabei übersieht, dass doch jeder Waffengang der Vergangenheit mit ebenso vermeintlich statthaften und zwingenden Beweggründen rechtfertigt wurde, hat das unbedingte Primat der Konfliktvermeidung und Diplomatie (das erst recht im Atomzeitalter eigentlich alternativlos sein müsste) ausgedient.

Die mahnende Geschichte wird quasi als Steinbruch, aus dem man sich selektiv die jeweils gewünschten Rechtfertigungen herausbricht, wird dann allenfalls noch bemüht, um Pseudoargumente für die unvermeidliche Anbahnung des nächsten Zivilisationsbruchs, des nächsten monströsen Weltenbrandes zu haben, indem etwa abstruse Vergleiche zu München 1938 und der damaligen Appeasement-Politik gegenüber Hitler gezogen werden.

Politische Propaganda und ihre Folgen

In dieser schiefen Hermeneutik wird dann mit Prämissen gearbeitet, die einer objektiven Betrachtung zwar überhaupt nicht standhalten, aber dennoch beharrlich wiederholt werden – etwa, dass Putin nach der Ukraine Angriffe auf weitere Staaten einschließlich NATO-Ländern plane (eine Neuauflage der Domino-Theorie im Kalten Krieg), dass sich eine Atommacht konventionell-militärisch „besiegen“ ließe oder dass der unstreitig verwerfliche russische Angriffskrieg lediglich dem willkürlichen Expansions- und Machthunger Russlands geschuldet sei, und nicht Folge eines seit mindestens 2014 schwelenden Schattenkriegs wäre.

Erneut agiert die politische Propaganda mit Lügen und grotesk versimpelnden Narrativen, um die breite Öffentlichkeit von der Notwendigkeit eines Krieges zu überzeugen, der – sollte er deutschen respektive NATO-Boden tatsächlich erreichen – zwingend in der Einäscherung Europas enden wird.

Ausgestoßen aus dem Lager der Wohlmeinenden

Die Rhetorik ist völlig ungeheuerlich. Um ein Land zu verteidigen, dem gegenüber keinerlei Bündnispflichten bestehen, soll Deutschland nicht nur bis zur Selbstaufgabe immer neue Milliarden und Waffen in die völlig korrupte Ukraine pumpen. Verteidigungsminister Boris Pistorius will Deutschland auch binnen fünf Jahren „kriegstüchtig“ machen, dazu die Wehrpflicht wiedereinführen und hält in Washington größenwahnsinnige Reden über die angebliche deutsche Bereitschaft zur weltweiten Übernahme von militärischen Führungsaufgaben.

Der CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter schwadroniert öffentlich darüber, man müssen „den Krieg nach Russland tragen“, in allen politischen Lagern außer der AfD und dem BSW dominieren die Kriegstreiber. Deutschland wird zum Aufmarschgebiet für NATO-Truppen in einem herbeigeredeten Krieg gegen Russland und exponiert sich durch die Ansiedlung des operativen NATO-Hauptquartiers als primäre Zielscheibe.

Und in diese schleichenden Kriegsvorbereitungen soll die ausgerechnet die in Jahrzehnten mental und materiell demilitarisierte, durchweg pazifistisch sozialisierte deutsche Bevölkerung voll einbezogen werden – weil die Bundeswehr die zivile Verteidigung nicht mehr alleine stemmen kann, wenn sie gegen Russland demnächst „im Einsatz“ ist.

Wer sich für Friedensverhandlungen einsetzt und vor einer nuklearen Eskalation warnt, wird als „Putin-Troll“, „Russland-Versteher“ und Verräter westlicher Grundwerte, die angeblich just von der hochkorrupten Ukraine verteidigt würden, gebrandmarkt und aus dem Lager der Wohlmeinenden ausgestoßen.

Deeskalierung tut Not

Jedoch, frei nach Hölderlin: In der Not wächst aber das Rettende auch. Der Widerstand in der deutschen Bevölkerung gegen dieses besinnungslose Taumeln in einen längst überwunden geglaubten Militarismus nimmt glücklicherweise zu. 15 Monate nach dem von Sahra Wagenknecht und Alice Schwarzer intendierte „Manifest für den Frieden“, das allen politischen Anfeindungen und Verurteilungen zum Trotz weit über eine Million Deutsche unterzeichnet haben, formieren sich immer wieder neue Initiativen, dem Wahnsinn Einhalt zu gebieten und endlich zu einer realpolitischen pragmatischen Friedenslösung zurückzukehren, zu bilateralen Verhandlungen, die sich dem Ukrainekonflikt endlich verantwortungs- statt gesinnungsethisch annähern und eine unbedingte Deeskalierung zum Gegenstand haben müssen.

Aktuell hat die Bürgerinitiative „Gemeinwohl-Lobby“ eine Brief- und Postkartenaktion unter dem Motto „Ich mache da nicht mit!“ gestartet. Damit soll Bundeskanzler Olaf Scholz aufgefordert werden, sich umgehend für Friedensverhandlungen einzusetzen. Über 50.000 gedruckte Postkarten wurden bereits abgenommen. Es gibt auch die Möglichkeit, einen bereits ausgefüllten Brief an Scholz auf der Webseite der Initiative auszudrucken und abzuschicken. Allerdings wird wohlweislich dringend davon abgeraten, einen Absender auf den Brief zu schreiben. Dies ist in der Tat dringend zu empfehlen, da der Staat das Recht auf freie Meinungsäußerung immer weiter einschränkt und jeder, der gegen den Regierungskurs aufbegehrt, und sei es auch in völligem Einklang mit seinen Grundrechten, mit Repressalien rechnen muss.

Dass eine solche Empfehlung von den Initiatoren allen Ernstes ausgesprochen werden muss, lässt tief blicken über den Zustand einer heillos demolierten Debattenkultur und schwindenden geistigen Freiheit in einem Land, das es nach zwei Diktaturen und zwei apokalyptischen Kriegen eigentlich besser wissen müsste.

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