Deutsches Bruttoinlandsprodukt: Ein trügerischer Anstieg im dritten Quartal
Das deutsche Bruttoinlandsprodukt (BIP) ist im dritten Quartal 2024 überraschend um 0,2 % gestiegen, nachdem es im Vorquartal noch einen Rückgang von 0,1 % verzeichnet hatte. Diese Zahl ist bereits preis-, saison- und kalenderbereinigt. Die Daten wurden vor wenigen Augenblicken als Erstmeldung vom Statistischen Bundesamt veröffentlicht. Die Erwartung für die heutige Meldung lag bei -0,1 %.
Ein genauerer Blick auf die Zahlen
Laut den Statistikern nahmen im dritten Quartal vor allem die staatlichen und privaten Konsumausgaben zu. Von der Industrie ist jedoch keine Rede, was die Frage aufwirft, wie nachhaltig dieser Anstieg tatsächlich ist. Die Gesamtzahl mag auf den ersten Blick hoffnungsvoll erscheinen, doch die Realität könnte anders aussehen.
Revidierte Zahlen für das Vorquartal
Wer nun glaubt, dass die deutsche Wirtschaft besser läuft als gedacht, sollte auch die revidierten Zahlen für das zweite Quartal berücksichtigen. Die Wirtschaftsleistung ging nach den neuesten Berechnungen um 0,3 % zurück, statt der bisher angenommenen 0,1 %. Das bedeutet, dass der Anstieg im dritten Quartal um 0,2 Prozentpunkte weniger beeindruckend ist, wenn man die vorherige Abwärtsrevision in Betracht zieht.
Langfristige Perspektiven bleiben düster
Im Vorjahresvergleich war das BIP im dritten Quartal 2024 preisbereinigt um 0,2 % höher als im dritten Quartal 2023. Preis- und kalenderbereinigt ergab sich hingegen ein Rückgang von 0,2 %, da ein Arbeitstag mehr zur Verfügung stand als im Vorjahreszeitraum. Die Statistiker haben auch die bisherigen Ergebnisse der Vorquartale überarbeitet und neu verfügbare statistische Informationen in die Berechnungen des ersten und zweiten Quartals 2024 einbezogen. Dabei wurden die Veränderungsraten des preisbereinigten BIP für das zweite Quartal 2024 um 0,2 Prozentpunkte nach unten revidiert.
Knapp an der Rezession vorbei
Das ifo-Institut kommentiert die Meldung des Statistischen Bundesamtes mit den Worten: „Die deutsche Wirtschaft ist knapp an einer Rezession vorbeigeschrammt“, so Klaus Wohlrabe, Leiter der ifo Umfragen. Allerdings sei zu beachten, dass das Wachstum für das zweite Quartal von minus 0,1 auf minus 0,3 Prozent nach unten korrigiert wurde. „Im vierten Quartal ist erneut mit einer geringen Belebung zu rechnen. Darauf deuten die Ergebnisse des ifo Geschäftsklimaindex vom Oktober hin“, sagt Wohlrabe.
Private Konsumausgaben und Industrie
Der private Konsum hat im abgelaufenen Quartal seine vorsichtige Erholung fortgesetzt, worauf die gestiegenen Einzelhandelsumsätze hingedeutet hatten. Die Belebung der Kaufkraft im Jahresverlauf hätte allerdings eine dynamischere Konsumkonjunktur erwarten lassen. Die Krisen der vergangenen Jahre und der unklare wirtschaftspolitische Kurs der Bundesregierung haben die Verbraucher jedoch verunsichert. Dadurch wurde ein erheblicher Teil der Einkommenszuwächse gespart und nicht ausgegeben. An dieser Zurückhaltung dürfte sich auch in den kommenden Monaten nur wenig ändern.
Negative Impulse kamen wohl vor allem aus der Industrie, wo die Wertschöpfung im vergangenen Quartal stark geschrumpft sein dürfte. Eine Trendwende ist noch nicht in Sicht. Trotz einer leichten Aufhellung des ifo Geschäftsklimas im Oktober hat sich die Auftragslage weiter verschlechtert. Ausschlaggebend hierfür waren die verhaltene Konjunktur auf den deutschen Absatzmärkten sowie eine spürbar schlechtere Wettbewerbsposition der deutschen Unternehmen.
Ein Ausreißer nach oben?
Die Ökonomen der Commerzbank kommentieren den unerwarteten Anstieg des deutschen Bruttoinlandsprodukts im dritten Quartal um 0,2 % als einen „Ausreißer nach oben“. Die seit dem Frühjahr fallenden Frühindikatoren wie das ifo-Geschäftsklima deuten unverändert auf ein schwieriges Winterhalbjahr hin. Danach dürfte es wegen der Hiobsbotschaften aus der wichtigen Autoindustrie und der jahrelangen Erosion der Standortqualität nur zögerlich nach oben gehen. Für 2025 rechnen die Experten nur mit einem mageren Plus von 0,2 %.
Die deutschen Bürger sollten sich also nicht zu früh freuen. Der kleine Anstieg des BIP im dritten Quartal könnte sich als optische Täuschung entpuppen, während die fundamentalen Probleme der deutschen Wirtschaft weiterhin ungelöst bleiben.
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