Verfahren wegen Polizeigewalt auf Corona-Demos eingestellt: Ein Skandal der Justiz?
Die jüngste Entscheidung des Berliner Amtsgerichts Tiergarten, zwei Verfahren wegen mutmaßlicher Polizeigewalt gegen Corona-Demonstranten gegen eine Geldauflage von 6.000 Euro einzustellen, hat hohe Wellen geschlagen. Dabei handelt es sich um Vorwürfe der gefährlichen Körperverletzung und Körperverletzung im Amt gegen den Berliner Polizisten Dominic H. (35), die im April und August 2021 stattfanden.
Hintergrund der Vorfälle
Im April 2021 führte Dominic H. eine Gruppe von Polizisten am Holocaust-Mahnmal in Berlin. Nach der Auflösung einer Corona-Demonstration stieß der schwerbehinderte Rentner Peter K. (67) auf die Polizeigruppe. Ein Video zeigt, wie Dominic H. Peter K. mit einer Reizgasflasche ins Gesicht schlägt und ihm anschließend ins Gesicht sprüht. Peter K. erlitt schwere gesundheitliche Schäden und wurde in den Pflegegrad 3 hochgestuft.
Im zweiten Fall vom August 2021 zeigt ein Video, wie Dominic H. auf einen am Boden liegenden Demonstranten einschlägt. Ein Kollege stoppte ihn schließlich. Trotz der Beweislage bot der Richter dem Polizisten an, das Verfahren gegen eine Geldzahlung einzustellen. Diese Entscheidung hat viele Fragen aufgeworfen.
Kritik an der Justiz
Rechtsanwalt Stefan Koslowski, der Peter K. vertritt, bezeichnete die Einstellung des Verfahrens als „Skandal“ und sprach von „Gesinnungsjustiz“. Er kritisiert, dass Beweisanträge zur Anhörung von Zeugen abgelehnt wurden und die Entscheidung ohne umfassende Prüfung der Beweise getroffen wurde. Koslowski sieht darin ein Versagen der Justiz, die sich während der Corona-Zeit zunehmend vom Recht gelöst habe.
Systemversagen und Vertrauensverlust
Der damalige UN-Sonderberichterstatter für Folter, Nils Melzer, hatte bereits 2022 scharfe Kritik am Umgang der deutschen Behörden mit Polizeigewalt gegen Demonstranten geäußert. Er sprach von einem „Systemversagen“ und einem verzerrten Verständnis der Verhältnismäßigkeit seitens der Behörden. Melzer warnte, dass solche Entscheidungen das Vertrauen der Bürger in die Polizei und die Justiz nachhaltig beschädigen könnten.
Rechtslage und Konsequenzen
Das Gericht berief sich bei seiner Entscheidung auf den Paragrafen 153a Absatz 2 der Strafprozessordnung, der eine Verfahrenseinstellung gegen Geldauflage ermöglicht. Diese Entscheidung ist unanfechtbar und lässt die Unschuldsvermutung gegen den Angeklagten weiter bestehen. Für die Opfer, wie Peter K., bleibt jedoch ein Gefühl der Ohnmacht und des Unrechts.
Die Einstellung des Verfahrens trotz klarer Beweise und die damit verbundene geringe Strafe werfen ein beunruhigendes Licht auf den Umgang der Justiz mit Polizeigewalt. Es bleibt abzuwarten, ob diese Entscheidung weitere Diskussionen und möglicherweise Reformen im Umgang mit solchen Fällen nach sich ziehen wird.
Fazit
Die Entscheidung des Berliner Amtsgerichts Tiergarten, das Verfahren gegen den Polizisten Dominic H. gegen eine Geldauflage einzustellen, hat erneut die Frage nach der Gerechtigkeit und der Unabhängigkeit der Justiz aufgeworfen. Für viele bleibt ein bitterer Nachgeschmack und die Erkenntnis, dass das Vertrauen in die staatlichen Institutionen weiter erodiert.
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