Frankreichs Staatsfinanzen in der Krise: Politische Lähmung und drohende Steuererhöhungen
Frankreichs Staatsfinanzen stehen vor einer ernsten Herausforderung. Fast zwei Monate nach der Parlamentswahl hat Präsident Emmanuel Macron noch immer keinen neuen Premierminister ernannt. Diese politische Lähmung führt zu erheblichen Verzögerungen bei den Haushaltsverhandlungen und könnte weitreichende Folgen für die zweitgrößte Volkswirtschaft der EU haben.
Verzögerte Haushaltsverhandlungen
Die derzeit geschäftsführend amtierenden Minister sind seit Mitte Juli im Amt, was die Gesetzgebung praktisch zum Stillstand gebracht hat. Dies hat insbesondere Auswirkungen auf die Haushaltsverhandlungen, die dem regulären Zeitplan hinterherhinken. Der geschäftsführende Premierminister Gabriel Attal teilte den Ressorts erst in der zweiten Augusthälfte die Ausgabenobergrenzen mit, ein Monat später als üblich.
Die Mitglieder der Finanzausschüsse in der Nationalversammlung und im Senat warteten bis Anfang dieser Woche auf Eckdaten, die normalerweise Mitte Juli vom Finanzministerium verschickt werden. Die gesetzlich vorgegebene Frist zur Übermittlung des Gesetzentwurfs für den neuen Haushalt droht überschritten zu werden, was die Haushaltsdebatten weiter verzögern könnte.
Erhebliche wirtschaftliche Herausforderungen
Die wirtschaftliche Lage Frankreichs verschärft die Situation zusätzlich. Die Konjunktur schwächelt und die Steuereinnahmen bleiben hinter den Erwartungen zurück. Laut Dokumenten des Finanzministeriums, die an die Parlamentarier verschickt wurden, ist das Haushaltsdefizit auf 5,6 Prozent gestiegen, nachdem der Zielwert erst im Frühjahr von 4,4 auf 5,1 Prozent korrigiert wurde. Dies ist auf geringere Steuereinnahmen und einen schnellen Anstieg der Ausgaben der Gebietskörperschaften zurückzuführen.
Die Aussichten für die kommenden Jahre sind düster. Im Jahr 2025 könnte das Defizit auf 6,2 Prozent steigen, was weit entfernt von den 3 Prozent liegt, die die europäischen Verträge vorsehen. Diese Entwicklung könnte die französischen Staatsfinanzen weiter destabilisieren und die Attraktivität des Standorts Frankreich für Investoren mindern.
Steuererhöhungen als mögliche Lösung
Um die Neuverschuldung in den Griff zu bekommen, wird die künftige Regierung um Steuererhöhungen kaum herumkommen. Macron hat dies bislang abgelehnt, aber Vertreter der linken Parteien drängen auf eine Wiedereinführung der Vermögensteuer und eine höhere Körperschaftsteuer. Dies wäre eine finanzpolitische Kehrtwende, nachdem Macron in den vergangenen Jahren die Steuerlast für Unternehmen reduziert hat.
Internationale Beobachtung und Investorenvertrauen
Die politische Unsicherheit und die drohenden Steuererhöhungen beunruhigen auch internationale Beobachter und Investoren. Der Renditeabstand zwischen deutschen und französischen Papieren mit zehnjähriger Laufzeit ist seit der Parlamentsauflösung im Juni erheblich gestiegen. Die großen Ratingagenturen haben bereits Warnungen ausgesprochen, dass die politische Unsicherheit negative Auswirkungen auf die Investitionen der Haushalte und Unternehmen haben könnte.
Die EU-Kommission hat im Juni ein Defizitverfahren gegen Frankreich eröffnet, und bis zum 20. September muss Paris seine mittelfristige Finanzplanung nach Brüssel schicken. Angesichts der fehlenden Regierung und der unsicheren Haushaltsentwicklung dürften diese Zahlen jedoch wenig aussagekräftig sein.
Insgesamt steht Frankreich vor einer ernsten finanziellen und politischen Krise, die weitreichende Konsequenzen für die Stabilität der Eurozone haben könnte. Es bleibt abzuwarten, wie die künftige Regierung diese Herausforderungen meistern wird.
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