Fachkräftemangel in Kitas: Reduzierung der Betreuungszeiten als Notlösung?
In Frankfurt und Offenbach spitzt sich die Situation in den Kindertagesstätten dramatisch zu. Der Evangelische Regionalverband Frankfurt und Offenbach (ERV) steht vor erheblichen Herausforderungen: In seinen rund 120 Einrichtungen fehlen derzeit 184 Fachkräfte. Carsten Baumann, Geschäftsführer für den Bereich Evangelische Tageseinrichtungen für Kinder, sieht dringenden Handlungsbedarf und fordert mehr Unterstützung von der Stadt.
Die angespannte Lage
„Wir müssen die Betreuungszeiten reduzieren“, so Baumann. Die Personalsituation sei derart angespannt, dass Öffnungszeiten immer wieder verkürzt oder Einrichtungen zeitweise geschlossen werden müssten. Die Herbstsaison, begleitet von der anrollenden Erkältungswelle, bereitet zusätzliche Sorgen. Trotz des hohen Erschöpfungsgrades und der schwindenden Hoffnung auf systemische Veränderungen bleibt der Wille zur Verbesserung stark.
Ein Wettlauf um Fachkräfte
Baumann betont, dass der Mangel an Fachkräften nicht allein ein Problem des ERV sei, sondern die gesamte Region Rhein-Main betreffe. Verschiedene Träger versuchen, mit attraktiven Angeboten wie Jobtickets und Boni, Fachkräfte zu gewinnen. Doch Baumann kritisiert, dass dies nicht die Lösung sein könne, da die Aufgabe der Kinderbetreuung eine staatliche Verantwortung sei.
Umdenken im Berufsbild nötig
Für Baumann ist klar, dass es ein Umdenken im Berufsbild der Erzieherinnen und Erzieher geben müsse. Die gesellschaftliche Anerkennung der Arbeit in Kitas sei unzureichend, obwohl sie weit über reine Betreuung hinausgehe und frühkindliche Bildung fördere. „Eine Kita ist nicht nur ein Betreuungsort für Kinder, sondern ein Ort der frühkindlichen Bildung“, betont Baumann.
Profilergänzende Stellen als Lösung?
Eine vorgeschlagene Lösung sind profilergänzende Stellen, also Nicht-Fachkräfte, die nach einer 160-Stunden-Fortbildung Aufgaben in Kitas übernehmen könnten. Diese könnten jedoch keine Aufsicht führen. Baumann sieht dies als kurzfristige Entlastung, betont jedoch die Notwendigkeit von professionellen Rahmenbedingungen.
Reduzierung der Betreuungszeiten
Baumann schlägt vor, die Betreuungszeiten zu reduzieren. Viele Eltern wählen derzeit einen Ganztagsplatz von neuneinhalb Stunden, was jedoch kaum noch adäquat abgedeckt werden könne. Eine Reduzierung auf acht Stunden könnte das System entlasten und verlässlichere Öffnungszeiten ermöglichen.
Unterstützung durch das Bildungsdezernat
Der ERV befindet sich in Verhandlungen mit dem Bildungsdezernat, doch Baumann fordert einen deutlichen Anschub. „Es ist fünf nach zwölf“, warnt er. Es brauche sowohl kurzfristige als auch langfristige Lösungen, um die Krise zu meistern.
Forderungen an das Stadtschulamt
Baumann fordert klare Rahmenbedingungen vom Stadtschulamt, um nicht ständig mit Eltern über Betreuungszeiten verhandeln zu müssen. „Ein gesamtgesellschaftlicher Konflikt wird in die Kitas transportiert, da gehört er nicht hin“, so Baumann. Er betont, dass die Betreuung der Kinder essenziell für die Gesellschaft sei, da sie das Arbeiten der Eltern und somit das Brutto-Sozialprodukt ermögliche.
Die aktuelle Krise zeigt deutlich, dass es einer umfassenden Reform bedarf, um die Qualität und Verlässlichkeit der Kinderbetreuung langfristig zu sichern. Die Reduzierung der Betreuungszeiten ist dabei nur eine von vielen notwendigen Maßnahmen.