Die neue Wehrpflicht: Ein Symptom für Deutschlands Missstände
Die Debatte um die Wiedereinführung der Wehrpflicht hat durch den Ukraine-Krieg neuen Auftrieb erhalten. Verteidigungsminister Boris Pistorius forderte Anfang Juni im Bundestag, dass Deutschland bis 2029 kriegstüchtig sein müsse. Unternehmer Martin Limbeck hat eine klare Meinung zu diesem Vorstoß und sieht darin ein weiteres Zeichen für die tiefen Probleme, die Deutschland plagen.
Fragebogen statt echter Wehrpflicht
Der Personalstand der Bundeswehr ist derzeit auf dem tiefsten Niveau seit 2018. Die Zahl der aktiven Soldaten liegt um mehr als 20.000 unter dem angestrebten Ziel von 203.000, das eigentlich schon vor dem Ausbruch des Ukrainekriegs hätte erreicht sein sollen. Pistorius hat diese Woche seine Pläne vorgestellt, um das Personal-Dilemma zu lösen: Ein Fragebogen soll junge Männer verpflichten, Auskunft über ihre Dienstbereitschaft zu geben. Frauen könnten auf freiwilliger Basis Auskunft geben.
Limbeck hält diese Aktion für ineffektiv und sieht darin eine Verschwendung von Steuergeldern. Er kritisiert, dass die Bundeswehr damit nichts erreichen werde, außer erneut hohe Kosten zu verursachen. „Wir leben im Jahr 2024 und sollen 700.000 Briefe drucken, eintüten und mit Porto verschicken? Das ist sinnbildlich für den Stand der Digitalisierung in Deutschland“, so Limbeck.
Generation ohne Interesse an Wehrdienst
Die Generation, die durch diese Maßnahme angesprochen werden soll, tickt anders als ihre Vorgänger. Sie ist behütet aufgewachsen und geprägt von Pazifismus. Die einzige größere Krise, die diese jungen Erwachsenen bislang erlebt haben, ist die Corona-Pandemie. Limbeck vermutet, dass die meisten den Fragebogen im Sinne von „keinen Bock“ ausfüllen oder angeben würden, dass sie Angst vor einem möglichen Kriegseinsatz haben.
Im vergangenen Jahr bewarben sich bis Ende Mai 23.414 Männer und Frauen bei der Bundeswehr – ein Rückgang von sieben Prozent im Vergleich zu 2022. Limbeck bezweifelt, dass ein Fragebogen diese Zahlen verbessern wird. Er verweist auf Artikel 4 des Grundgesetzes, der festlegt, dass niemand gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden darf.
Wehrdienst nur für die Tauglichen
Pistorius hofft, durch die Einführung der Fragebogenpflicht 5.000 neue Wehrdienstleistende pro Jahr zu gewinnen. Er geht davon aus, dass rund ein Viertel der angeschriebenen Männer ihre Bereitschaft erklären würden. Limbeck hält diese Zahl für hochgegriffen. Selbst diejenigen, die sich den Dienst vorstellen können, müssten erst einmal die Musterung bestehen. Die Durchfallquoten seien in den letzten Jahren vor Aussetzung der Wehrpflicht immer weiter gestiegen, vor allem wegen mangelnder Fitness und gesundheitlicher Probleme.
Fehlende Infrastruktur und Ressourcen
Ein weiteres Problem sieht Limbeck in der fehlenden Infrastruktur der Bundeswehr. Seit der Aussetzung der Wehrpflicht 2011 haben sich die entsprechenden Strukturen verändert. Neben dem Personalmangel im aktiven Heer fehlen auch Mitarbeiter bei der Rekrutierung, Ausbilder, Kasernen und Waffen. Schon allein die 5.000 angestrebten Wehrpflichtigen würden Kosten in Höhe von ca. 1,4 Milliarden Euro bedeuten. Limbeck fragt sich, woher dieses Geld kommen soll.
Die Idee der „neuen Wehrpflicht“ zeigt, dass in Deutschland viel schiefläuft. Anstatt auf halbgare Lösungen zu setzen, sollte die Politik endlich die wahren Probleme angehen und nachhaltige Maßnahmen ergreifen, um die Bundeswehr und damit die Sicherheit des Landes zu stärken.
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