Der wahre Grund für den Mauerfall: Egon Krenz' Fehler statt Schabowskis Irrtum
Die Nacht vom 9. zum 10. November 1989 markiert einen der bedeutendsten Momente der deutschen Geschichte: Die Grenze der DDR zur BRD wurde geöffnet. Millionen DDR-Bürger strömten in den Westen, was die neue SED-Führung nicht beabsichtigt hatte. Historische Dokumente und Vorgänge, die von Historikern ausgewertet wurden, werfen ein neues Licht auf die Ereignisse und zeigen, wer tatsächlich verantwortlich war.
Der Mythos um Schabowski
Lange Zeit galt der scheinbar ahnungslose Günter Schabowski als derjenige, der durch seine Aussagen auf einer Pressekonferenz die ungeplante Grenzöffnung herbeiführte. Doch der Historiker Herrmann Wentker widersprach dieser Darstellung bereits 2019. Er erklärte, dass der eigentliche Fehler beim SED-Generalsekretär Egon Krenz lag, der nicht wie geplant mit der Bekanntgabe der Reiseverordnung bis zum nächsten Tag wartete.
Die Rolle von Krenz
Die Chronik des Historikers Hans-Hermann Hertle, die 2020 veröffentlicht wurde, bestätigt Wentkers Aussagen. Hertle hat umfangreiche Erkenntnisse aus Gesprächen mit Beteiligten, Dokumenten und Literatur zusammengetragen. Diese zeichnen ein klares Bild: Krenz spielte eine zentrale Rolle bei der Entstehung der Reiseverordnung, die zur Grenzöffnung führte.
Fehlende Initiativen und Druck von außen
Bereits Monate vor dem Mauerfall hatte das SED-Politbüro über die Ausgabe von Reisepässen diskutiert. Doch Krenz entwickelte keine Initiativen, um das Problem zu lösen. Der Druck seitens der ČSSR-Führung und der massenhaften Besetzungen der BRD-Botschaft in Prag durch DDR-Bürger im Sommer und Herbst 1989 verschärfte die Situation. Prag forderte Anfang November ultimativ eine Regelung, damit DDR-Bürger nicht mehr über die tschechoslowakische Grenze zur Bundesrepublik ausreisen mussten.
Die verhängnisvolle Pressekonferenz
Am 9. November 1989 las Krenz den Entwurf der Reiseverordnung dem SED-Politbüro vor. Schabowski, der zu dieser Zeit nicht im Raum war, erhielt später den Entwurf und sollte auf einer Pressekonferenz darüber informieren. Die Verordnung war jedoch noch kein offizieller Regierungsbeschluss, und Schabowski war sich der Tragweite seiner Aussagen nicht bewusst. Auf eine Nachfrage antwortete er, dass die Grenzöffnung "sofort" und "unverzüglich" erfolgen könne, was zu einem sofortigen Ansturm auf die Grenze führte.
Die Folgen und die Legendenbildung
Die Bundesregierung pflegt bis heute die Legende, dass Schabowskis "Irrtum" die Grenzöffnung verursachte. 2019 stellte sie "Schabowskis Zettel" öffentlich aus, auf dem er sich angeblich den Ablauf der Pressekonferenz notiert hatte. Doch die umfangreichen Recherchen von Historikern wie Hertle und Wentker zeigen, dass die Verantwortung bei Krenz lag, der die Bekanntgabe der Reiseverordnung nicht wie geplant verzögerte.
Fazit
Der Mauerfall war kein Zufall und kein einfacher Irrtum eines Politbüromitglieds. Vielmehr war er das Ergebnis einer Reihe von Fehlentscheidungen und Versäumnissen der SED-Führung unter Egon Krenz. Diese Erkenntnisse werfen ein neues Licht auf die Ereignisse und zeigen, wie komplex und vielschichtig die Geschichte tatsächlich ist.
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