Das Scheitern des EU-Lieferkettengesetzes: Ein Rückschlag für Menschenrechte und ein Sieg für die Bürokratie?
Die Nachricht aus Brüssel hallt nach wie ein Donnerschlag in den Ohren derjenigen, die auf eine gerechtere Wirtschaftsordnung innerhalb der Europäischen Union gehofft hatten. Das ambitionierte EU-Lieferkettengesetz, ein Vorhaben, das die Einhaltung von Menschenrechten und Umweltstandards entlang der globalen Lieferketten sicherstellen sollte, ist gescheitert. Die belgische Ratspräsidentschaft musste eingestehen, dass der nötige Konsens für den vorliegenden Kompromiss nicht erreicht wurde.
Die FDP als Zünglein an der Waage
Im Zentrum des Scheiterns steht die deutsche FDP, Teil der Ampel-Regierung, deren Widerstand es unmöglich machte, dass Deutschland seine Zustimmung erteilen konnte. Dieses Veto aus dem Herzen Europas hat weitreichende Konsequenzen: Unternehmen in der EU sind nun nicht durch eine einheitliche Regulierung gebunden, sondern lediglich durch nationale Gesetze – in Deutschland beispielsweise durch ein Lieferkettengesetz, das erst ab Unternehmen mit mindestens 1000 Beschäftigten greift.
Wirtschaftslob und Umweltschutzbedenken
Die Industrie und der Mittelstand atmen auf; der DIHK und der BGA sehen in dem gescheiterten Entwurf eine Überregulierung, die europäische Unternehmen in ihrer Handlungsfähigkeit eingeschränkt hätte. Christine Ostermann, Präsidentin der Familienunternehmer, spricht sogar von einer Chance, nun eine "praktikablere und effektivere Regulierung" zu erarbeiten.
Ganz anders die Reaktion von Gewerkschaften und Umweltschutzverbänden: Verdi und der BUND bezeichnen das Scheitern als "europapolitisches Desaster". Die Entwicklungsorganisation Misereor sieht darin eine "moralische Bankrotterklärung". Sie alle hatten sich von dem Gesetz eine stärkere Verantwortungsübernahme der Unternehmen für ihre Lieferketten versprochen.
Ein Blick nach vorn
Die Bundesregierung, repräsentiert durch Regierungssprecher Steffen Hebestreit, verweist auf das deutsche Gesetz als Trostpflaster, gibt sich jedoch hinsichtlich eines neuen europäischen Vorstoßes vor der Europawahl im Juni skeptisch. Die Bildung einer neuen EU-Kommission wird Monate in Anspruch nehmen – Zeit, in der die Diskussion um faire Lieferketten weiter brodelt.
Die politische Dimension
Das Scheitern des EU-Lieferkettengesetzes wirft ein Schlaglicht auf die politischen Machtverhältnisse innerhalb der EU und die Einflussnahme nationaler Interessen auf die europäische Gesetzgebung. Es zeigt, dass die Balance zwischen wirtschaftlichen Freiheiten und sozialer Verantwortung ein fragiles Konstrukt ist, das von politischen Entscheidungen maßgeblich beeinflusst wird.
Die Frage, die sich nun stellt, ist, wie es gelingen kann, die Interessen der Wirtschaft mit den berechtigten Anliegen von Umweltschutz und Menschenrechten in Einklang zu bringen. Die Antwort darauf wird nicht nur die Zukunft der europäischen Wirtschaftspolitik prägen, sondern auch das Gesicht Europas in der Welt.
Die deutsche Politik und insbesondere die FDP stehen nun in der Kritik, traditionelle Werte wie Fairness und Verantwortung auf dem Altar der Bürokratievermeidung geopfert zu haben. Während die deutsche Wirtschaft vor zusätzlichen Belastungen bewahrt bleibt, bleibt abzuwarten, wie sich dieser Rückschlag auf das globale Ansehen der EU als Vorreiter in Sachen Menschenrechte und Umweltschutz auswirken wird.
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