Commerzbank-Übernahme: Hat die Bundesregierung die Unicredit-Attacke verschlafen?
In der deutschen Bankenszene herrscht derzeit große Unruhe. Die italienische Großbank Unicredit hat überraschend einen bedeutenden Schritt unternommen, um die Commerzbank zu übernehmen, und die Bundesregierung scheint davon überrascht worden zu sein. Die Frage, ob Bundeskanzler Olaf Scholz und Finanzminister Christian Lindner die Attacke der Unicredit auf die Commerzbank verpennt haben, steht im Raum.
Eine geschickte Übernahme
Die Unicredit hat in der vergangenen Woche ein Aktienpaket von 4,5 Prozent der Commerzbank vom Bund erworben und sich am Markt weitere Anteile gesichert, sodass sie nun insgesamt neun Prozent der Aktien hält. Diese Entwicklung könnte eine feindliche Übernahme der Commerzbank durch die italienische Bank einleiten. Besonders brisant ist die Tatsache, dass die Bundesregierung offenbar nichts von dieser Aktion gewusst haben soll. Laut einem Bericht der Financial Times habe die Investmentbank J.P. Morgan die Anteile an die Unicredit verkauft, ohne die Regierung zu informieren.
Reaktionen aus Berlin und Frankfurt
Die Reaktionen aus Berlin sind bisher vage. Eine Sprecherin von Finanzminister Lindner erklärte, der Bund werde die Lage analysieren und es sei Sache der Commerzbank-Gremien, mit möglichen Anteilseignern zu sprechen. Diese passive Herangehensweise stößt bei Bankern und Mittelständlern auf Unverständnis. Sie kritisieren, dass die Bundesregierung das strategische Interesse der Unicredit nicht erkannt habe.
Folgen für den deutschen Mittelstand
Die Commerzbank ist Deutschlands größte Mittelstandsbank und spielt eine wichtige Rolle als Kreditgeber für mittelständische Unternehmen. Eine Übernahme durch die Unicredit könnte Tausende Arbeitsplätze gefährden und ein weiteres Filialsterben zur Folge haben. Stefan Wittmann, Verdi-Gewerkschaftssekretär und Commerzbank-Aufsichtsrat, betonte, man wolle sich „mit allen Mitteln“ gegen die Übernahme wehren. Er verwies auf das Schicksal der Hypo-Vereinsbank, die nach ihrer Übernahme durch die Unicredit radikal zurechtgestutzt wurde.
Unicredit-CEO Orcel verteidigt Übernahmepläne
Andrea Orcel, CEO der Unicredit, verteidigte die Übernahmepläne in einem Interview mit dem Handelsblatt. Er betonte, dass eine Zusammenführung beider Banken zu einem erheblichen Mehrwert für alle Stakeholder führen könne. Orcel argumentierte, dass die Commerzbank durch Synergieeffekte ihre Profitabilität deutlich steigern könnte. Die Eigenkapitalrendite der Unicredit-Tochter HVB sei doppelt so hoch wie die der Commerzbank, und das Verhältnis von Kosten zu Erträgen liege 20 Prozentpunkte unter dem der Frankfurter Bank.
Ein Weckruf für die Bundesregierung?
Die Bundesregierung könnte, so wird spekuliert, „überrumpelt“ worden sein. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Situation weiterentwickelt und ob Bundeskanzler Scholz eingreifen wird. Eine lange Hängepartie im Zuge einer Übernahmeschlacht wäre verheerend für die Commerzbank und den Wirtschaftsstandort Deutschland. Es wird nun entscheidend sein, ob die Bundesregierung die Tragweite dieser Attacke erkennt und entsprechend handelt, um den deutschen Bankenstolz zu bewahren und den Mittelstand zu schützen.
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