Kritische Stimmen zur "Aktivrente" – Expertenwarnungen vor sozialer Ungleichheit
Die Diskussion um die Altersversorgung in Deutschland ist ein Dauerbrenner. Nun sorgt ein neuer Vorschlag aus den Reihen der CDU und der Senioren Union (SU) für Aufsehen: Die sogenannte "Aktivrente" soll es Rentnern ermöglichen, bis zu 2.000 Euro monatlich steuerfrei hinzuzuverdienen. Doch Experten warnen vor einer möglichen Benachteiligung bestimmter Bevölkerungsgruppen.
Die "Aktivrente" – ein zweischneidiges Schwert?
Die Idee hinter der "Aktivrente" ist es, ältere Menschen zu motivieren, auch nach Erreichen des Renteneintrittsalters weiterhin im Arbeitsleben aktiv zu bleiben. Die CDU möchte diesen Anreiz in ihr Grundsatzprogramm aufnehmen. Doch die Rentenforscherin Dr. Ruth Maria Schüler vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln sieht darin ein potentielles Risiko für eine Verletzung des Leistungsfähigkeitsprinzips, welches besagt, dass keine Gruppe steuerlich benachteiligt werden darf.
"Die 'Aktivrente' könnte eine Schieflage erzeugen, da sie nur diejenigen erreicht, die tatsächlich bis zum Renteneintritt oder darüber hinaus arbeiten", so Schüler. Sie weist darauf hin, dass viele Menschen bereits vor dem offiziellen Rentenalter aus dem Berufsleben ausscheiden und somit von der Regelung nicht profitieren würden.
Die Realität des Renteneintritts
Die Forscherin betont, dass die Mehrheit der Arbeitnehmer bereits mit 64 Jahren in den Ruhestand geht, das Renteneintrittsalter jedoch erst bei etwa 66 Jahren liegt und bis 2031 auf 67 Jahre angehoben werden soll. Dies würde bedeuten, dass eine signifikante Anzahl von Rentnern von der "Aktivrente" ausgeschlossen bliebe. Die Expertin plädiert dafür, Anreize zu schaffen, um Menschen zu motivieren, bis zum eigentlichen Renteneintrittsalter zu arbeiten.
Kritik am Vorschlag der "Aktivrente"
Der Sachverständigenrat Wirtschaft schlägt vor, das Renteneintrittsalter regelmäßig an die steigende Lebenserwartung anzupassen und die Frührente für langjährig Versicherte zu überdenken. Diese wurde ursprünglich eingeführt, um physisch und psychisch belastete Arbeitsgruppen zu entlasten, wird aber laut Schüler hauptsächlich von Personen mit mittlerem und hohem Einkommen in Anspruch genommen.
Steuerexperte Tobias Hentze hat die finanziellen Auswirkungen der "Aktivrente" berechnet und kommt zu dem Schluss, dass Klagen gegen diese Regelung aufgrund von Ungleichbehandlung wahrscheinlich sind. "Es entsteht ein ökonomischer Mitnahmeeffekt bei denen, die es nicht nötig hätten, und das ist ein klarer Verstoß gegen unsere Grundsätze der Gerechtigkeit", erläutert Hentze.
Arbeit im Alter – nicht nur eine Frage des Geldes
Interessant ist, dass laut Umfragen das Hauptmotiv für eine Weiterbeschäftigung im Alter nicht finanzieller Natur ist, sondern soziale Kontakte und die Freude an der Arbeit im Vordergrund stehen. Dies wirft die Frage auf, wie effektiv eine steuerfreie "Aktivrente" tatsächlich sein kann, um ältere Menschen im Arbeitsmarkt zu halten.
Die Herausforderungen des demographischen Wandels und des Fachkräftemangels erfordern kreative Lösungen. Doch es bleibt abzuwarten, ob die "Aktivrente" der richtige Ansatz ist oder ob sie lediglich zu weiteren sozialen Ungleichheiten führt. Eine sorgfältige Prüfung und Anpassung des Vorschlags scheint unabdingbar, um die Interessen aller Bürger gerecht zu vertreten und die Stärke unserer Wirtschaft zu sichern.
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