Japans neuer Premierminister und die Vision einer asiatischen NATO
Japan hat mit Shigeru Ishiba einen neuen Premierminister, dessen politische Ziele in Deutschland weitgehend unbekannt sind. Ishiba, der neue Vorsitzende der regierenden Liberaldemokratischen Partei (LDP), ist ein konservativer Politiker, der die Verteidigungsfähigkeit Japans stärken möchte. Besonders bemerkenswert ist seine Idee, eine "asiatische NATO" zu schaffen, ein System kollektiver Sicherheit, das sich an der NATO orientiert.
Ein konservativer Führer mit großen Ambitionen
Shigeru Ishiba ist in der japanischen Bevölkerung und unter den Parteimitgliedern sehr beliebt, obwohl er als Kritiker seiner eigenen Partei bekannt ist und bei den Parteieliten nicht gut ankommt. Während seines Wahlkampfs sprach er sich für die Schaffung einer "asiatischen NATO" aus und erwog sogar die Möglichkeit, amerikanische Atomwaffen in Asien zu stationieren. Seine wichtigste kurzfristige Aufgabe wird die Durchführung vorgezogener Wahlen zum Unterhaus sein, die er für den 27. Oktober angekündigt hat.
Herausforderungen und Widerstände
Die politische Landschaft in Japan ist derzeit von Skandalen erschüttert, die das Vertrauen der Wähler in die LDP stark beeinträchtigt haben. Ishiba muss nicht nur das Vertrauen der Wähler wiederherstellen, sondern auch den innerparteilichen Widerstand überwinden. Mitglieder einst mächtiger parteiinterner Fraktionen, die im Zuge des Finanzskandals aufgelöst wurden, äußerten bereits Zweifel an der Langlebigkeit von Ishibas Regierung.
Die Idee einer asiatischen NATO
Die Schaffung eines Blocks von asiatischen Ländern, die durch eine kollektive Verteidigungsverpflichtung verbunden sind, ist eine von Ishibas zentralen außenpolitischen Ideen. Allerdings sind die Aussichten für dieses Vorhaben ungewiss. Politiker und Experten sowohl in Japan als auch in den USA haben Zweifel an der Umsetzbarkeit geäußert. Toshimitsu Motegi, Ishibas Rivale im Rennen um den LDP-Vorsitz, und Daniel Kritenbrink, Unterstaatssekretär der USA für ostasiatische und pazifische Angelegenheiten, haben beide betont, dass es noch zu früh sei, um über kollektive Sicherheit in der Region zu sprechen.
Innere Spaltungen und Machtkämpfe
Ein weiteres Problem für den neuen Premierminister sind die Spaltungen innerhalb der Partei. Ein anschauliches Beispiel ist die Ernennung des ehemaligen Ministerpräsidenten Taro Aso zu Ishibas "Top-Berater". Diese Position wird manchmal eher als Ehrenamt bezeichnet, und Aso verließ die Sitzung nach der Ernennung ohne an einem gemeinsamen Fototermin teilzunehmen. Zwei von Ishibas Konkurrenten im Rennen um den LDP-Vorsitz, die dem verstorbenen ehemaligen Ministerpräsidenten Shinzo Abe nahestanden, lehnten Angebote für Parteiposten ab und distanzierten sich von ihm.
Keine Zusammenarbeit mit Russland
Während des Wahlkampfs hat Ishiba keine neuen Initiativen zum Konflikt in der Ukraine vorgelegt. Auf seiner ersten Pressekonferenz als Ministerpräsident erwähnte er das Thema nicht einmal. Experten erwarten, dass Japan seine Politik gegenüber Russland nicht ändern wird, unabhängig davon, wer der Premierminister ist. Die Sanktionen gegen Moskau und die Unterstützung Kiews werden voraussichtlich aufrechterhalten.
Die tatsächlichen Aussichten des neuen Premierministers und LDP-Vorsitzenden werden sich jedoch erst bei den vorgezogenen Wahlen am 27. Oktober zeigen. Bis dahin bleibt abzuwarten, wie Ishiba die zahlreichen Herausforderungen meistern wird.
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