Grundsteuerreform: Eigentümerverband warnt vor massiven Mehrbelastungen
Die Grundsteuerreform sorgt für erhebliche Aufregung unter Immobilienbesitzern in Deutschland. Der Eigentümerverband Haus & Grund kritisiert die Neuregelung scharf und spricht von „Staatsversagen“. Präsident Kai Warnecke warnt vor erheblichen Mehrbelastungen, die sich auf über 1.000 Euro pro Jahr belaufen könnten.
Ungewissheit und finanzielle Nöte
Die Reform der Grundsteuer, die aufgrund eines Urteils des Bundesverfassungsgerichts notwendig wurde, lässt etwa 90 Prozent der Eigentümer im Unklaren darüber, wie hoch ihre Belastung im nächsten Jahr sein werde. Die zusätzlichen Belastungen könnten teilweise mehr als 1.000 Euro im Jahr betragen, so Warnecke gegenüber der „Bild am Sonntag“. Es sei damit zu rechnen, dass Kommunen aufgrund ihrer finanziellen Nöte ihre Hebesätze anpassten. „Das ist absurd und echtes Staatsversagen, schließlich hatte der Staat fast sechs Jahre Zeit für die Reform“, so Warnecke weiter.
Alte Regelung verfassungswidrig
Im Jahr 2018 erklärte das Bundesverfassungsgericht die bisherige Berechnung der Grundsteuer für verfassungswidrig. Diese basierte auf dem sogenannten Einheitswert, dessen Referenzgrößen aus den Jahren 1935 in Ostdeutschland und 1964 in Westdeutschland stammen. Die Folge waren erhebliche Abweichungen in der Höhe der jeweiligen Grundsteuer für ähnlich beschaffene Grundstücke. Künftig soll der sogenannte Bodenrichtwert zur relevanten Referenzgröße werden, was eine potenzielle Steigerung der Steuerbelastung zur Folge haben könnte.
Berlin reduziert Hebesatz
Die Reform der Grundsteuer soll ab dem kommenden Jahr in Kraft treten. Erste Bescheide deuten darauf hin, dass vor allem in Ländern wie Baden-Württemberg und Sachsen erhebliche Mehrbelastungen zu erwarten sind. In Berlin wurde der Hebesatz von zuvor 810 auf künftig 470 Prozent gesenkt, um gravierenden Steigerungen der Steuerverpflichtung entgegenzuwirken. Zudem soll es eine Härtefallregelung geben, um Eigentümer selbst genutzter Immobilien vor nicht verkraftbaren Erhöhungen zu schützen.
Öffnungsklausel und Kritik
Der Deutsche Städte- und Gemeindebund teilt die Bedenken von Kai Warnecke und warnt ebenfalls vor erheblichen Mehrbelastungen. Die Kommunen hätten aufgrund höherer Ausgaben für Sozialhilfe oder Bürgergeld Kostensteigerungen zu verkraften, die sie nun durch höhere Grundsteuern ausgleichen könnten. Die unterschiedlichen Hebesätze könnten jetzt erst recht eine unterschiedlich hohe Grundsteuer für gleichartige Grundstücke auslösen, was erneut zu Ungerechtigkeiten führen würde.
Auch der Heidelberger Verfassungsjurist Gregor Kirchhoff kritisiert die Orientierung der Grundsteuer am Bodenrichtwert als unverlässlich. Er bemängelt, dass Faktoren wie Denkmalschutzauflagen, Baumängel oder Altlasten nicht berücksichtigt würden. Er hält es für sinnvoller, die Berechnung an Faktoren wie Fläche und Gebäudeart auszurichten.
Alternative Lösung gefordert
Die FDP hat alle 16 Bundesländer dazu aufgefordert, von der im Gesetz verankerten Öffnungsklausel Gebrauch zu machen und die Grundsteuer-Reform des Bundes zu verlassen. Fraktionschef Christian Dürr beklagte, dass die Regierungspartner Bedenken der Liberalen bezüglich einer Bürokratisierung und Verteuerung nicht hinreichend berücksichtigt hätten. Bundeskanzler Olaf Scholz habe versprochen, es werde durch die Neuregelung zu keinen Mehrbelastungen kommen, was nun offensichtlich nicht der Fall sei. Viele Betroffene sorgten sich jetzt vor ihrem Steuerbescheid.
Dürr rät zu einer alternativen Lösung: „Die Länder sollten daher auf das unkomplizierte Flächenmodell ausweichen, das sich an der Größe des Grundstücks und an der Wohnfläche orientiert. So könnte eine Mehrbelastung von Eigentümern und Mietern rechtzeitig verhindert werden.“
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