Chinas riskanter Tech-Boom: Fortschritt auf Kosten sozialer Stabilität?
Chinas Wirtschaft sendet derzeit widersprüchliche Signale: Während der Immobiliensektor weiterhin erhebliche Probleme bereitet, zeigt der Technologiesektor eine bemerkenswerte Dynamik. Die Regierung unter Präsident Xi Jinping treibt die Entwicklung von Hightech-Industrien voran, was jedoch nicht ohne soziale und wirtschaftliche Konsequenzen bleibt.
Zwiespalt: Immobilienkrise trifft auf Technologieboom
Wie die Nachrichtenagentur Bloomberg berichtet, hat die Schwäche im Immobiliensektor zum langsamsten Quartalswachstum seit fünf Quartalen geführt. Gleichzeitig fordert Xi Jinping seit 2017 einen Wandel hin zu "qualitativ hochwertigem Wachstum". Laut einer Analyse von Bloomberg Economics könnte der Hightech-Sektor bis 2026 bereits 19 Prozent des Bruttoinlandsprodukts erwirtschaften, verglichen mit 11 Prozent im Jahr 2018. Nimmt man die Bereiche Elektrofahrzeuge, Batterien und Solarpaneele hinzu, könnte der Anteil sogar auf 23 Prozent steigen.
Xuzhou als Musterbeispiel für Chinas wirtschaftlichen Wandel
Die Stadt Xuzhou, auf halbem Weg zwischen Beijing und Shanghai gelegen, ist ein Beispiel für diesen Wandel. Früher auf Schwerindustrie wie Kohle, Stahl, Zement und Immobilien angewiesen, setzt die Neun-Millionen-Metropole heute auf neue Energien, Maschinenbau und neue Materialien. Das Unternehmen GCL Technology, der weltweit zweitgrößte Hersteller von Polysilizium, hat in den vergangenen fünf Jahren mehr als 5.000 Arbeitsplätze geschaffen.
Immobilienboom und seine Folgen: Verschuldung und Preisverfall
Seit 2015 boomt der Immobiliensektor in Xuzhou wie in vielen anderen Städten Chinas. Damals wurden Barackensiedlungen abgerissen, um Platz für neue Häuser zu schaffen. Mit dem Konsum stieg jedoch auch die Verschuldung, was den Behörden zunehmend Sorge bereitete. Schließlich zogen sie die Bremse. In einigen Regionen haben sich die Immobilienpreise seit 2021 mehr als halbiert, und auch in Branchen wie der Möbelindustrie sind die Umsätze eingebrochen.
Trotz dieser Probleme hält die Regierung in Beijing an ihrer angebotsorientierten Politik fest, die in einigen Bereichen zu Überkapazitäten auf dem Markt und einem deutlichen Preisverfall geführt hat. Die Umlenkung von Produkten auf den Weltmarkt hat zu protektionistischen Gegenmaßnahmen westlicher Länder geführt.
Soziale Herausforderungen: Einkommensunterschiede und KI-Einsatz
Die Politik der chinesischen Regierung hat auch Auswirkungen auf den sozialen Frieden im Land selbst. David Li Daokui, einer der bekanntesten Ökonomen des Landes und Regierungsberater, befürchtet eine Konzentration des Geldes in wenigen Händen. Getrieben vom Technologieboom könnte es hauptsächlich in die Taschen der Unternehmen fließen und weniger in die der Verbraucher. Das könnte die Einkommensunterschiede weiter verschärfen.
Li hat deshalb ein Problem mit dem Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI). Dem Bericht zufolge arbeitet er an einem Vorschlag für die Regierung, den Einsatz von KI in bestimmten Berufen einzuschränken, um einen möglichen massiven Verlust von Arbeitsplätzen zu verhindern.
Chinas ambitionierte Ziele: Aufholjagd zur wirtschaftlichen Supermacht
Ob er damit auf Gegenliebe stößt, ist fraglich. Denn die chinesische Führung sieht in der Technologieförderung eine Möglichkeit, die Abhängigkeit von den USA und ihren Verbündeten zu verringern. Zudem verfolgt sie ein ehrgeiziges Ziel: China soll bis 2035 ein "durchschnittlich entwickeltes Land" werden. Dazu müsste das Bruttoinlandsprodukt (BIP) pro Kopf von derzeit 12.600 US-Dollar auf über 20.000 US-Dollar steigen.
Auch bei einer anderen ökonomischen Kennziffer liegt China noch weit hinter den USA zurück: der totalen Faktorproduktivität. Hier erreicht sie nur rund 40 Prozent des US-Wertes. Um den Rückstand aufzuholen, sei ein "harter Kampf" nötig, sagen Ökonomen.
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