BRICS-Gipfel in Kasan: Entsteht eine neue Weltordnung gegen den Westen?
Der jüngste BRICS-Gipfel in Kasan hat erneut die wachsende Bedeutung dieses Bündnisses unterstrichen, das fast die Hälfte der Weltbevölkerung repräsentiert. Trotz interner Spannungen und fehlender konkreter Ergebnisse zeigt sich der Westen zunehmend besorgt über den Einfluss und die institutionelle Dynamik der BRICS-Staaten.
Ein wirtschaftliches Gegengewicht zum Westen
Die Idee hinter der Gründung des BRICS-Bündnisses im Jahr 2006 war es, ein wirtschaftliches Gegengewicht zum Westen zu schaffen. Ursprünglich als BRIC von Brasilien, Russland, Indien und China gegründet, trat 2010 auch Südafrika dem Bündnis bei. Anfang 2024 kamen mit Ägypten, Äthiopien, Iran und den Vereinigten Arabischen Emiraten weitere Bündnispartner hinzu, sodass aus BRICS nun BRICS+ wurde.
Von Dienstag bis Donnerstag trafen sich die BRICS-Staaten zu ihrem diesjährigen Gipfel im russischen Kasan. 30 Länder, darunter 24 Staats- und Regierungschefs, nahmen an dem Treffen teil. Auch UN-Generalsekretär António Guterres folgte einer Einladung nach Kasan. Die vom russischen Präsidenten Wladimir Putin in Richtung Westen gesendete Botschaft war klar: Trotz westlicher Sanktionen und des Ukraine-Kriegs ist er nicht isoliert.
BRICS repräsentiert 45 Prozent der Weltbevölkerung
Die BRICS-Staaten repräsentieren 45 Prozent der Weltbevölkerung und stehen für rund ein Drittel der globalen Wirtschaftsleistung. Sie gehören zu den wichtigsten Lieferanten von Energie und Rohstoffen wie Erdöl, Magnesium und Graphit. Mit einer Erweiterung der Allianz könnte sich sowohl der Bevölkerungsanteil als auch der Einfluss des Bündnisses weiter vergrößern. Länder wie die Türkei, Aserbaidschan und Malaysia haben formell einen Antrag auf Aufnahme gestellt, weitere Staaten haben Interesse bekundet.
Multipolare Weltordnung im Gange
Gleich zu Beginn des Gipfels in Kasan sprach Putin von einer entstehenden „multipolaren Weltordnung“. „Der Prozess der Bildung einer multipolaren Weltordnung ist im Gange, es ist ein dynamischer und unumkehrbarer Prozess.“ Doch liest man in der „Kasaner Abschlusserklärung“, wird deutlich, wie weit BRICS noch von einer wirklichen Allianz entfernt ist. In den großen Fragen bleibt das Papier wolkig und unverbindlich.
Dedollarisierung nicht in Sicht
Ursprünglich war spekuliert worden, dass das Bündnis mit der Schaffung einer einheitlichen Währung vorangekommen sein könnte. Doch die ersehnte Dedollarisierung ist nicht in Sicht. Die BRICS-Staaten konnten sich nur zu einer lauwarmen Erklärung durchringen, dass man eine Reform des internationalen Finanzsystems begrüßen würde. Wirkliche Alternativen zu westlichen Zahlungsinstituten sind offenbar nicht in Sicht.
Bei Frage von Krieg und Frieden gespalten
In Fragen von Krieg und Frieden sind die BRICS-Staaten gespalten. Die geopolitische Rivalität zwischen China und Indien verhindert eine engere Zusammenarbeit im Bündnis. Zwar haben beide Länder kurz vor Beginn des Gipfels ihre seit fünf Jahren anhaltenden Grenzstreitigkeiten in Ladakh beigelegt, doch der Konflikt dürfte noch lange nicht vom Tisch sein.
Wladimir Putin hatte möglicherweise auch auf Unterstützung für seinen Krieg in der Ukraine gehofft. In ihrer Abschlusserklärung fordern die BRICS-Länder, dass alle Staaten im Einklang mit der UN-Charta handeln. Chinas Präsident Xi Jinping warnte Russland und Nordkorea offen: „Wir müssen drei Prinzipien respektieren: keine Ausweitung des Schlachtfelds, keine Eskalation der Kämpfe und keine Provokationen von einer der beiden Seiten.“
Totales politisches Versagen des Westens
Der BRICS-Gipfel in Kasan setzte vor allem auf Symbolpolitik und das Demonstrieren von Stärke. Greifbare Ergebnisse gab es auf dem Gipfel am Ende nicht. Allerdings wäre es fatal, wenn der Westen nun daraus schlussfolgerte, man habe es beim BRICS-Bündnis mit einem Scheinriesen zu tun. Der Geoökonom Heribert Dieter kritisiert den Westen scharf und spricht von einem „totalen politischen Versagen“. Der Westen habe „weder eine geopolitische noch eine geoökonomische Strategie“.
Bemerkenswert sei, dass immer mehr Staaten dem Bündnis beitreten wollen, was eine institutionelle Eigendynamik entwickeln könnte. Dies sei „eine potenziell bedrohliche Entwicklung für den Westen“.
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